Sympathien für ein autoritäres System

Woher kommt eigentlich das Verständnis, das so viele in Deutschland für Putins autoritäres Russland aufbringen? Dass die Krim einmal zu Russland gehört und Chruschtschow sie 1954 auf eine Weise an die Ukraine abgetreten hat, die nicht ganz völkerrechtskonform war, ist irrelevant. Nach dem Niedergang des Sowjetsystems hat Russland die Ukraine in ihren Grenzen spätestens 2001 vollständig anerkannt und sich darauf eingelassen, für die Stationierung der eigenen Schwarzmeerflotte einen Pachtzins zu bezahlen.

„Sympathien für ein autoritäres System“ weiterlesen

Blick zurück nach vorn

Noch nach fünfzig Jahren ist der überlieferte Briefwechsel zwischen Hans Blumenberg und Jacob Taubes aufschlussreich, wenn es um das intellektuelle Klima der 60er und 70er Jahre geht. Das gilt auch in Hinsicht auf den Umgang mit anderen Meinungen und Anschauungen seitens zweier Gelehrter in einer Zeit, in der der universitäre Betrieb noch stark von der Vergangenheit überschattet war.

„Blick zurück nach vorn“ weiterlesen

Die EU, ihr Parlamentspräsident und das Wasser in der Westbank

Was der Anlass der Rede war, die EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in der israelischen Knesset hielt, ist nicht ganz klar, es dürfte jedoch mit der Tatsache zusammenhängen, dass Schulz am Tag zuvor die Ehrendoktorwürde der Hebräischen Universität entgegengenommen hat. Dann konnte man ihn auch gleich in die Knesset einladen.

„Die EU, ihr Parlamentspräsident und das Wasser in der Westbank“ weiterlesen

Die Hagia Sophia und das Ende des 1. Weltkrieges

Dass die Hagia Sophia in Istanbul wieder zu einer Moschee gemacht werden soll, ist ein Gedanke, der in der türkischen Politik und Öffentlichkeit immer wieder einmal aufkommt. Die Frage nach ihrer Bestimmung geht im wesentlichen bis auf das Jahr 1919 zurück, als in Paris die Friedenskonferenz tagte. Ein Artikel des Turkologen Klaus Kreiser in der “SZ” bietet eine gute Gelegenheit, sich einmal anzuschauen, welche Debatte damals ihrer Umwandlung in ein Museum vorausging.

„Die Hagia Sophia und das Ende des 1. Weltkrieges“ weiterlesen

Zum Tode von Ariel Scharon

Bei all den Nachrufen auf Ariel Scharon scheint mir ein wichtiger Aspekt zu kurz gekommen, der für eine abschliessende Würdigung seiner Lebensleistung von Bedeutung ist. Sharon nämlich verkörperte eine israelische Tradition – und das im besten Sinne des Wortes.

Israel kann immer nur aus einer Position der Stärke heraus der arabischen Seite die Hand zum Frieden zu reichen, niemals aus einer Position der Schwäche. Das Land darf sich auch keinen verlorenen Krieg leisten, die arabischen Nachbarstaaten haben diesen Nachteil nicht.

Erst wenn Israel als Sieger dasteht und nicht der leiseste Schatten eines Verdachtes auf ihm lastet, nur aus Schwäche zum Frieden gewillt zu sein, kann es sich auf Verhandlungen einlassen. Dafür standen Yitzchak Rabin und Ehud Barak genauso wie Ariel Scharon – Persönlichkeiten, die stark genug waren, im Zweifelsfalle auch unpopuläre Massnahmen umzusetzen und die israelische Bevölkerung für diese zu gewinnen.

Die palästinensische Seite wäre gut beraten, in starken israelischen Führern eher eine Chance denn einen Fluch zu sehen. Nicht Friedensaktivisten, Publizisten oder Politiker von ausserhalb können den Palästinensern helfen, ihren eigenen Staat zu erlangen, sondern Leute vom Schlage eines Ariel Scharon.

Daran, dass diese Lektion gelernt wurde, kann man freilich Zweifel haben: Der Sprecher der PA, Jibril ar-Rajoub, bezeichnet Scharon als “Verbrecher”, während die Hamas sein Ableben als “göttliches Zeichen und Lektion für alle Tyrannen” bejubelt und auf den Strassen Süssigkeiten verteilt.

 

Immer nur Israel (2)

Es geht immer noch ein bisschen absurder. Shlomo Sand, ein israelischer Historiker, der durch die These bekannt wurde, dass es ein jüdisches Volk nicht gebe, legt in der NZZ nach. Seine Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen: Das Judentum sei kein Volk, sondern nichts weiter als eine Religionsgemeinschaft, deren Mitglieder in der Geschichte nur durch gemeinsame Riten miteinander verbunden waren. Erst der Staat Israel habe so etwas wie ein Volk geschaffen, jedoch kein jüdisches, sondern ein israelisches. (Forts. des Blogbeitrags vom 04.01.2014)

„Immer nur Israel (2)“ weiterlesen

ISIS und die Falken

Ist der sog. Islamische Staat in Irak und Syrien (ISIS, arab. dāʿash) bereits eine unumkehrbare Tatsache und droht nun ein islamistischer Flächenbrand?. Vielleicht Aber vielleicht sollte man al-Qaida auch nicht überschätzen. Tatsächlich ist zweifelhaft, ob die mit al-Qaida verbundenen ISIS-Kämpfer ihre Herrschaft auf eine dauerhafte Basis stellen können. Ihre Feinde haben sie nämlich nicht nur in Form der FSA, sondern auch in Form der Regierungarmeen und – untereinander.

„ISIS und die Falken“ weiterlesen

Immer nur Israel

Wenn es ein Thema gibt, bei dem es völlig normal ist, dass Leute, die sich berufen fühlen, es zu kommentieren, selbst elementare Fakten nicht zur Kenntnis nehmen, dann muss es sich um Israel bzw. den Nahostkonflikt handeln. So erschien bei der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (NOZ) ein Kommentar zum aktuellen Stand der Friedensbemühungen amerikanischer Diplomatie, der grundlegende Denkfehler enthält, die immer wieder auftauchen, wenn es um das Thema geht (s. dazu auch die Anmerkungen von U. Sahm).

„Immer nur Israel“ weiterlesen

Warum der Bohei?

Das besetzte Hamburger Flora-Theater (“Rote Flora”) versteht sich als “politisches Projekt” gegen die herrschende Ordnung. In Wahrheit ist alles nur Schau. Die Veranstaltungen, die in der Flora stattfinden, könnten harmloser und spiessiger kaum sein.

Der Veranstaltungskalender verzeichnet so revolutionäre Aktionen wie die montägliche “Motorradwerkstatt – schrauben und klönen”, eine “Fahrrad Selbsthilfe Werkstatt” (sic!) oder eine “offene Selbsthilfegruppe für Alkoholiker”. Selbsthelfende aller Länder, vereinigt euch.

Sonntags wiederum trifft man sich zu “leckeren Veranstaltungen und politischem Kaffee”. Damit “soll Menschen die Möglichkeit gegeben werden, einfach mal in die Flora reinzuschauen, sich in netter Atmosphäre über politische Themen zu informieren und auszutauschen, Leute zu treffen und vieles mehr.” Keine Fick-Orgien, kein revolutionäres Kiffen, und kein Singen von Arbeiterliedern in sturzbesoffenem Zustand.

Erlebnishungrige Sozialrevolutionäre erwartet ein wahrhaft trockenes Brot: “Von politischen Diskussionsrunden, Filmen und Dia-Shows über T-Shirt bedrucken ist alles mögliche denkbar es ist natürlich genauso o.k. einfach gemütlich abzuhängen.” Dia-Shows und Abhängen: Vorgeschmack aufs Altenheim.

Der Restverstand wird mittels eines “Archivs der Sozialen Bewegungen” sediert, das “als Beitrag zu aktuellen und zukünftigen theoretischen Arbeiten und praktischen Auseinandersetzungen” … Gähn. Themen sind “z. B. Stadtentwicklung, Repression, FrauenLesben, Antirassismus, Internationalismus, Hausbesetzungen.” Fehlt nur noch Jürgen Fliege.

Deutschland ist eine alternde Gesellschaft. Sein schleppende Müdigkeit schlägt sich auch in der revolutionären Szene nieder. Warum dann aber diese Gewalt? All das, vom Fahrradschrauben bis zum Musikhören und Abhängen könnte man auch legal in rechtmässig erworbenen oder angemieteten Räumlichkeiten durchführen. Was also soll der Bohei?

In Wahrheit haben die Besetzer ein Steuersparmodell erdacht, dass sie per Faustrecht gegenüber der Gesellschaft absichern. Wer auf Techno und Punk steht, kann zu einem der zahlreichen Konzerte in der besetzten Flora gehen. Mit fünf Euro ist man dabei. Steuern gezahlt werden keine.

Das kann Otto Normalunternehmer gerne einmal für sich ausprobieren. Vorausgesetzt er schafft es, ein paar tausend Chaoten zu mobiliseren, wenn die Steuerfahndung um fünf Uhr morgens an seine Tür klopft. In Wahrheit ist die besetzte Flora ein Projekt von Anarchokapitalisten und Sozialdarwinisten.

Auch wenn die Hausbesetzer das hinter einer Fassade des Altruismus verbergen mögen.

Translate