Die Vernichtung der europäischen Juden

Der Journalist Kazimierz Sakowicz notierte als Augenzeuge des Massenmordes an den litauischen Juden in Ponary bei Wilna im August 1941: „Für die Deutschen bedeuten 300 Juden 300 Feinde der Menschheit, für die Litauer sind es 300 Paar Schuhe, 300 Hosen usw.‟ Die Vernichtung der europäischen Juden als “Feinde der Menschheit” wurde zu einem einzigartigen Verbrechen, weltweit unter dem Begriff “Holocaust” bekannt.

„Die Vernichtung der europäischen Juden“ weiterlesen

Holodomor und die Verantwortung vor der Geschichte

Der Bundestag hat den “Holodomor”, die von Stalin zu verantwortende Hungersnot, der zwischen 1932 und ’33 Millionen Ukrainer zum Opfer fielen, als Genozid anerkannt. In Israel dagegen ist ein Versuch, den 6. Dezember zur Erinnerung an den Holodomor zu widmen, vor einigen Jahren gescheitert. Die Gründe dafür sollte man auch hierzulande zur Kenntnis nehmen.

„Holodomor und die Verantwortung vor der Geschichte“ weiterlesen

Wannseekonferenz

Goldstein heisst ein Soldat in Norman Mailers Roman “Die Nackten und die Toten” und Mailer lässt ihn sich an eine unangenehme Begegnung mit einem zornigen Mann erinnern, einen groben Klotz von einem Bauernjungen. Brutal sei sein Gesicht gewesen, womit Goldstein bei einer ganz anderen Geschichte anlangt: “Das war das Gesicht, das hinter allen Judenpogromen stand.“

„Wannseekonferenz“ weiterlesen

Wer die Täter waren

Es ist ja nicht so, dass die Deutschen sich zu ihrer Vergangenheit nicht bekennen würden. Es gibt ein Holocaust-Mahnmal, überall Stolpersteine und eine gewachsene Gedenkkultur an das unfassbarste aller Verbrechen. Bei all dem darf freilich nicht vergessen werden, dass es vornehmlich Deutsche waren, die den Holocaust zu verantworten haben.

„Wer die Täter waren“ weiterlesen

Die Quellen des Historikers

Ausgehend von der Besprechung des Buches “Die Araber und der Holocaust” von Gilbert Achcar habe ich mir eimal die auf der Webseite des Verlages verfügbare Leseprobe angeschaut, wo ich über folgende Aussage im Vorwort gestolpert bin:

Wo immer mir gute Sekundärquellen nicht zugänglich waren, habe ich Primärquellen genutzt.

Nun gut, für ein endgültiges Urteil über das Buch, das ich nicht gelesen habe, reicht es nicht. Dennoch stellt sich die Frage, ob der Autor weiss, was er da tut.

[Aus dem Archiv,]

Der Weitblick des Philosophen

Dass Hannah Arendts bekanntes Diktum von der Banalität des Bösen fraglich sein könnte, zumindest in Hinblick auf den Organisator der Judenvernichtung im Reichssicherheitshauptamt, Adolf Eichmann, hatte vor einiger Zeit die Publizistin Bettina Stangneth nahegelegt, die dem von Eichmann selbstgeschaffenen, marmornen Mythos, nur ein Rädchen im Getriebe des Holocaust gewesen zu sein, zum Bröckeln brachte. Eichmann war eben viel mehr, nämlich “Ideengeber, Praxisfinder, Innovator, und zwar von Anfang an” und damit Urheber von “Terror, Erpressung, Beraubung, Haft, Folter”.

Hannah Arendt sei, so Stangneth weiter, auf eine Show hereingefallen, die Eichmann als Bestandteil seiner Verteidigungsstrategie vor Gericht in Jerusalem inszeniert habe. Freilich habe Arendt, so die Verfasserin der Studie “Eichmann vor Jerusalem”, auch gar nicht die Möglichkeit gehabt, Eichmanns Manipulationen zu durchschauen, da ihr die Dokumente, die sie eines besseren hätten belehren können, gar nicht bekannt waren.

Das alles konnte man schon vor einiger Zeit lesen. Neu ist, dass ich vor kurzem auf ein Buch des Ideenhistorikers Isaiah Berlin gestossen bin, das ich bis dato noch nicht kannte. Das Buch “Conversations with Isaiah Berlin”, die dieser mit Ramin Jahanbegloo geführt hatte, war Anfang der Neunziger Jahre erstmals erschienen und ist ungemein spannend. Und das gilt ganz besonders für Berlins Einschätzung von Hannah Arendt.

Zu meiner eigenen Überraschung hielt Berlin nichts, aber auch gar nichts von der Arendt, nicht einen einzigen vernünftigen Gedanken konnte er ihr abringen. Eine masslos überschätzte Person sei sie gewesen und auch Gershon Sholem habe ihm im persönlichen Gespräch mitgeteilt, dass kein vernünftiger Mensch etwas von Hannah Arendt halte!

Berlin missfiel an Hannah Harendt unter anderem ebenjene Rede von der Banalität des Bösen, da die Nazis, so Berlin, ganz einfach nicht banal gewesen seien – im Gegenteil. Eichmann selbst habe gesagt, dass die Judenvernichtung im Zentrum seiner Existenz stehe (”It was, he admitted, at the center of his being”).

Das heisst aber auch, dass Berlin vor nunmehr zwanzig Jahren zu einer Einschätzung gekommen ist, die wir erste heute, nach Erschliesssung der sog. “Argentinien-Papiere“, in ihrer ganzen Tragweite verstehen können. Und es heisst ebenfalls, dass Isaiah Berlin ein über alle Massen weitsichtiger Philosoph war, wie es ihn nur selten gibt.


Nachtrag 04.09.2014

Die “New York Times” berichtet ebenfalls über das Buch von B. Stangneth, das jetzt auf Englisch erhältlich ist.

Nachtrag 18.09.2018

Alan Dershowitz plädiert dafür, die Formulierung von der “Banalität des Bösen” in Bezug auf Eichmann und den Holocaust ein für allemal zu streichen.

Translate