Dossier: Die antiisraelische Rhetorik der Islamischen Republik Iran

Dossier: Die antiisraelische Rhetorik der Islamischen Republik Iran

Autor: Michael Kreutz | Letzte Überarbeitung: 24. Juli 2018

Die Zahl der Webseiten, die behaupten, dass Ahmadinejad nie von einer Vernichtung des Staates Israel gesprochen habe, ist mittlerweile Legion. Diese Behauptung wird im folgenden ĂŒberprĂŒft und mit anderen Äusserungen Ahmadinejads verglichen. Grundlage sind immer die persischen Originaltexte.

Wir alle erinnern uns noch an die Worte des iranischen PrĂ€sidenten Ahmadinejad, der fand, dass Israel von der Landkarte getilgt werden mĂŒsse. Der erste, der behauptete, es handele sich dabei um einen Übersetzungsfehler, war ein amerikanischer Orientalist, Juan Cole. Wo in den englischen Medien davon die Rede war, dass fĂŒr Ahmadinejad “Israel wiped off the map” gehöre, habe im persischen Original etwas anderes gestanden, behauptet Cole:

(
) I object to the characterization of Iranian president Mahmoud Ahmadinejad as having “threatened to wipe Israel off the map.” I object to this translation of what he said on two grounds. First, it gives the impression that he wants to play Hitler to Israel’s Poland, mobilizing an armored corps to move in and kill people.

But the actual quote, which comes from an old speech of Khomeini, does not imply military action, or killing anyone at all. The second reason is that it is just an inexact translation. The phrase is almost metaphysical. He quoted Khomeini that “the occupation regime over Jerusalem should vanish from the page of time.” It is in fact probably a reference to some phrase in a medieval Persian poem. It is not about tanks.

Stein des Anstosses ist der Ausdruck safhe-ye ruzgar, den man in der Tat nur schwer wörtlich ĂŒbersetzen kann. Das Wort safhe, das aus dem Arabischen kommt, hat im wesentlichen zwei Bedeutungen: “Seite” (eines Buches) und “OberflĂ€che”, i.w.S auch “Gebiet” oder “Land”. Noch schillernder ist der Begriff ruzgar, der “Zeit, Epoche”, aber auch “Welt”, “Leben” oder “Schicksal” bedeuten kann. Das macht die Sache nicht eben einfach, aber wie man es auch dreht oder wendet: Ob Israel (bei Ahmadinejad: “Besetzer von Jerusalem”) nun von der “FlĂ€che der Welt” oder aus der “Seite der Epoche” verschwinden soll, unterscheidet sich nicht in der Satzbedeutung, sondern nur im stilistischen Mittel.

Tendenziös ist aber auf jeden Fall Coles Übersetzung des SatzprĂ€dikats: Wo es nĂ€mlich im Original[1] heisst “emam-e aziz-e ma farmudand in rejim-e eshghalgar-e Qods bayad az safhe-ye ruzgar mahv shavad” also: “Unser lieber Imam [Khomeini] sagte, dass der Besetzer Jerusalems vom Angesicht der Erde/ aus der Seite der Epoche/ dem Buch der Geschichte getilgt werden muss, da heisst es ganz harmlos bei Cole “should vanish from
”, als ob Khomeini, den Ahmadinejad zustimmend zitiert, jemals hatte sagen wollen, Israel werde sich ganz von selbst auflösen. Das arabisch-persische mahv kann zwar auch die weniger starke Bedeutung “verschwinden” haben, wĂŒrde aber aus diesem Kontext heraus sicherlich nicht so verstanden werden. Denkbar wĂ€re eine Übersetzung wie “Israel muss von der BildflĂ€che verschwinden”. Inwieweit aus diesem Satz Gewalt spricht, möge der Leser fĂŒr selbst entscheiden.

Wichtig ist allerdings der Kontext: Die Worte waren, wie wir uns erinnern, Teil einer Ansprache, die Ahmadinejad auf der Konferenz “Eine Welt ohne Zionismus” hielt (jahan-e bedun-e sahyonism). Daher ist auch klar, dass Ahmadinejad nicht nur die vermeintliche Besetzung Jerusalems oder der Westbank ein Dorn im Auge ist. WĂ€hrend Cole hier auf dem schmalen Grad der Philologie wandelt, ĂŒbersieht er aber noch etwas ganz anderes: Derselbe Ahmadinejad erklĂ€rte – vom Westen nicht unregistriert – nĂ€mlich auch[2], dass “jeder, der Israel offiziell anerkennt, vom Zorn der islamischen Gemeinschaft verbrannt werden wird” (harkas Esrail-ra be-resmiyyat be-shenasad, be atesh-e qahr-e ommat-e Eslam khahad sukht), wobei der Begriff qahr auch “Gewalt” (statt Zorn) heissen kann. Und weiter: “Die Verwirklichung einer Welt ohne Amerika und ohne Israel ist machbar und erreichbar” (tahaqqoq-e donya-ye bedun-e Amrika ve-Esrail dast-yaftani ve-shodani ast). Alles nur “a reference to some phrase in a medieval Persian poem”?

Alledings gibt es auch Übersetzungen ins Englische, die das Regime selbst vorgenommen hat. Eine davon war auf einem Foto zu sehen, das das Magazin “Focus” in seiner Ausgabe Nr. 19 vom 18. Mai 2006, S. 206, veröffentlichte. Auf einem staatlichen Propagandaplakat der Teheraner Machthaber stand unter dem inkriminerten persischen Satz bayad az safhe-ye ruzgar mahv shavad auf Englisch: “Isreal must be wiped out the world”, und das ist trotz des etwas schrĂ€gen Englisch eine klare und deutliche Aussage.

Cole nun behauptete, dass fĂŒr die englische Redewendung “to wipe off the map” kein Pendant im Persischen existiere. Das jedoch ist ein logischer Zirkel: Erst erklĂ€rt er die englische Übersetzung fĂŒr unzutreffend, um dann zu behaupten, es gebe keine Entsprechung fĂŒr das englische “to wipe off the map” im Persischen. Dabei sollte jedem, der aus einer Sprache in eine andere ĂŒbersetzt klar sein, dass eine Übertragung Wort fĂŒr Wort zu einem sinnentstellenden Ergebnis fĂŒhren muss. Übersetzt werden können nur Satzintentionen, Sinneineheiten also, die dem Kontext entsprechen. Darum wird aus der deutschen Redewendung “zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen” im Englischen “to kill two birds with a stone.”

In Deutschland hat Coles misslungeener Übersetzungsvorschlag allerdings schnell dankbare Aufnahme gefunden. Offensichtlich fĂ€llt es gerade Intellektuellen schwer, den grundsĂ€tzlichen Charakter des iranischen Regimes im allgemeinen und den Ahmadinejads im besonderen anzuerkennen. Dazu gehört auch der Mythos, dass Ahmadinejad sich lediglich gegen die israelische Besetzung Jerusalems ausgesprochen habe, nicht jedoch gegen die Existenz des jĂŒdischen Staates.

So soll nach Angaben der saudischen Nachrichtenagentur SPA der iranische PrĂ€sident Ahmadinejad, der einige Zeit zuvor auf Staatsbesuch in Saudi-Arabien war, der Friedensinitiative des Arabischen Gipfels in Beirut 2002 seine UnterstĂŒtzung zugesagt haben. Diese Melddung fand Eingang in die westlichen Medien. Auch die FAZ berichtet davon. Und beruft sich auf die Saudische Nachrichtenagentur.

Dass jedoch ein Ahmadinejad, der von einer Welt ohne Israel trĂ€umt, nun ausgerechnet eine Friedensinitiative fĂŒr den Nahostkonflikt unterstĂŒtzen soll, ist nur schwer zu glauben. Die Meldung ist aber sicherlich Wasser auf den MĂŒhlen all derer, die die GefĂ€hrlichkeit des Teheraner Regimes zu verharmlosen pflegen. TatsĂ€chlich bestreitet IRNA, die amtliche Nachrichtenagentur des Mullahregimes, dass Ahmadinejad die Arabische Friedensinitiative befĂŒrworte. Mehr noch, nach amtlicher Darstellung habe es nie auch nur ein GesprĂ€ch zwischen Ahmadinejad und dem saudischen König Abdullah ĂŒber dieses Thema gegeben.

In diesem Stil geht es weiter: Ahmadinejad liess nicht davon ab, öffentlich von der Vernichtung Israels zu trÀumen. Im folgenden die Dokumentation des Originaltextes von der offiziellen WebprÀsenz des iranischen PrÀsidenten (Hervorhebung von mir, MK):

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Der entscheidende Satz, auf den es ankommt, lautet: kelÄ«d-e ĆĄomāreĆĄ-e maÊżkĆ«s-e nābĆ«dÄ«-ye reĆŸÄ«m-e áčŁahyaunÄ«stÄ« be dast-e farzandān-e Lobnān ve-Felasáč­Ä«n áž«Ćrde ast, ve-be zĆ«dÄ« ƥāhed-e nābĆ«dÄ«-ye Ä«n reĆŸÄ«m-e setamgār ឫāhÄ«m bĆ«d, zÄ«rā hame ǧahāniyān az modÄ«rÄ«yat-e qodrathā-ye fāsed, nā-áčŁÄleáž„ ve-ÄĄeyr-e emānat-dār dar donyā áž«aste ĆĄode-and ve-montaáș“er-e áž„akemÄ«yat-e ensān-e áčŁÄleáž„ bar ǧahān hastand.

Deutsch: “Der Knopf [wörtlich: SchlĂŒssel] zum Countdown der Vernichtung [nābĆ«dÄ«] des zionistischen Regimes ist durch die Hand der Kinder des Libanons und PalĂ€stinas ausgelöst worden [be dast áž«Ćrde ast] und schon bald [be zĆ«dÄ«] werden wir Zeuge der Vernichtung des tyrannischen Regimes werden, sind doch alle Menschen der Herrschaft verdorbener [fāsed], unrechter und unglĂ€ubiger MĂ€chte auf der Welt ĂŒberdrĂŒssig und warten auf die Herrschaft des guten Menschen ĂŒber die Welt.”

Die “Herrschaft des guten Menschen ĂŒber die Welt” ist eine Anspielung auf die erwartete Ankunft des Emam-e Zaman (Erlöser), der die Erde dereinst von der Tyrannei befreien wird. Ich brauche nicht extra hinzuzufĂŒgen, dass das Mullahregime die Hisbollah aktiv unterstĂŒtzt. Ahmadinejad spricht hier also keineswegs von einem erhofften Verlauf der Weltgeschichte, dem er selbst nur als Augenzeuge gegenĂŒbersteht. Dazu muss man im Auge behalten, dass das Teheraner Regime seit langem bereits aktiv militĂ€risch gegen Israel kĂ€mpft, und zwar hauptsĂ€chlich in Form der Hisbollah, dem verlĂ€ngerten Arm Teherans. Eine Meldung der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA (Hervorhebung von mir, MK):

Basij commanders of ministries and offices on Wednesday met representative of Lebanese Hizbollah in Tehran on the anniversary of Hizbollah’s victory over the Zionist regime.

Commander of Basijis at ministries and offices Masood Chinigarzadeh told the audience that the 33-day successful resistance of the Lebanese Hizbollah forces against the Zionist regime is a victory belonging to all Muslims worldwide.

Chinigarzadeh said last year victory of Lebanese Hizbollah over the Zionist regime brought global fame for the resistant group and drew attention of all world Muslims in its favor.

He hoped that Lebanese Hizbollah resistance forces would get gradually more powerful in the world of Islam.

He said Iranian people pray for more victory of the Lebanese people against the occupying regime of Quds.

Man möge es bitte zur Kenntnis nehmen: Das iranische Mullahregime ist keinesfalls allein der Überzeugung, dass Israel quasi von selbst verschwinden werde, so wie die Sowjetunion ohne Ă€ussere Einwirkung in sich zusammengefallen ist, sondern es hĂ€lt ein militĂ€risches Vorgehen gegen den jĂŒdischen Staat fĂŒr mindestens legitim. Ein Treffen zweier so kampfwĂŒtiger Organisationen wie der Hisbollah und den Basij (SchlĂ€gertrupp des Mullahregimes) spricht hier BĂ€nde.

PalĂ€stina gilt in beider Weltsicht als unverĂ€usserliches islamisches Territorium, ĂŒber das eine nichtmuslimische Regierung kein Recht hat zu herrschen. Auch können mit einem Gebet “fĂŒr weitere Erfolge gegen das Besatzungregime von Jerusalem” (Quds) keine Verteidigungssiege gemeint sein, denn dann wĂ€re es wohl logischer, gleich dafĂŒr zu beten, dass kein weiterer Krieg zwischen Israel und dem Libanon mehr stattfinden möge!

Und schliesslich: Der chiliastisch-militĂ€rische Charakter des Mullahregimes enthĂŒllt sich vortrefflich an Ahmadinejads jĂŒngster Rede (En.) bei seinem Besuch in Afghanistan: “Es gibt keinen Weg fĂŒr die Erlösung der Menschheit als durch die Herrschaft des Islam ĂŒber die Menschheit.”

Auch die jĂŒngste Äusserung Ahmadinejads spricht BĂ€nde: Der Nachrichtenagentur AFP zufolge bezeichnete Ahmadinejad in seiner Grussbotschaft den jĂŒdischen Staat als “verwesende Leiche und tote Ratte”, der ausserdem “dem Untergang geweiht” sei. Im Krieg der Hisbollah gegen Israel 2006 habe das libanesische Volk Israel eine Niederlage bereitet, sodass dieses nun “wie eine tote Ratte” beginnen werde, zu verwesen.

Falls wieder einmal jemand meint, besser Persisch zu können als die Mullahs: Die iranische Nachrichtenagentur IRNA bestĂ€tigt in ihrer englischen Onlineausgabe die Äusserungen Ahmadinejads:

Addressing Majlis representatives, he said (
) the usurper and fabricated regime is moving towards annihilation.

(
) after the Lebanese nation slapped it in the face, they are like dead rats.

(
) “If some think that they can make any change in the global calculations, they are in mistaken because nations around the world will bury them ,” concluded President Ahmadinejad.

  1. http://www.president.ir/ahmadinejad/speeches/1384/aban-84/840804sahyonizm.htm ⇧
  2. http://www.president.ir/ahmadinejad/cronicnews/1384/08/04/index-f.htm ⇧

Ahmadinejad delegitimiert die Existenz des Staates Israel, den er von der BildflĂ€che zu verschwinden wĂŒnscht; er bedient sich einer Sprache, die die Anwendung von religiös motivierter Gewalt, wenngleich in einem allgemein gehaltenen und unprĂ€zisen Sinne, als zulĂ€ssig zum Ausdruck bringt; er dĂ€monisiert Israel mit Begriffen, die eine KĂŒnstlichkeit und MorbiditĂ€t des jĂŒdischen Staates suggerieren; und er macht deutlich, dass an an einer versöhnlichen Übereinkunft mit Israel – sei es in Fragen regionaler Sicherheit, sie es in Fragen des Nahostkonflikts – nicht interessiert ist.

ahmadienajd-qods2001

Zum jĂ€hrlichen Qods-Tag hat der iranische PrĂ€sident Ahmadinejad eine Rede gehalten, die ich im folgenden auszugsweise dokumentiere, und zwar in deutscher Übersetzung auf Grundlage der persischsprachigen Paraphrase der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA.[1]

Das zionistische Regime, so Ahmadinejad, ist eine Verschwörung und ein Wegbereiter fĂŒr die Herrschaft kulturloser Kapitalisten und seine Parole ist die Parole der Herrschaft ĂŒber die ganze Welt. Der beste Beweis dafĂŒr, dass Israel dem zerstörerischen Geist des westlichen Kapitalismus den Weg in den Nahen Osten bereite, sei die dauerhafte RĂŒckstĂ€ndigkeit der LĂ€nder dieser Region – als Teil des zionistischen Plans, die regionale Vorherrschaft zu ĂŒbernehmen. Die fortgesetzte Existenz Israels sei daher nicht nur gegen PalĂ€stina und die Staaten der Region gerichtet, sondern gegen die menschliche WĂŒrde (karāmat-e ensānÄ«) aller Völker. In gleicher Weise seien alle menschlichen Werte und Grundlagen, wie auch Gesetze und BeschlĂŒsse, die auf der Welt gelten sollten, dem Zionismus zum Opfer gefallen.

Alle PrĂ€missen der israelischen Existenz seien denn auch auf LĂŒgen und TĂ€uschungen aufgebaut. Überall in der Welt, selbst in Europa und Amerika, lebten die Massen unter elendesten wirtschaftlichen Bedingungen (badtarÄ«n ĆĄarāyeáč­-e eqteáčŁÄdÄ«), weshalb sie wegen einer antihumanen Macht (ងākemÄ«yat-e zedd-e ensānÄ«) den GĂŒrtel enger schnallen mĂŒssen. Das “zionistische Regime” sei ein Symbol materiellen Denkens (namād-e andÄ«ĆĄe-ye māddÄ«) und begĂŒnstige das kapitalistische Management.

Die Existenz des “zionistischen Regimes” in PalĂ€stina diene nicht dem Schutz einiger verstreuter Juden oder der AusĂŒbung der jĂŒdischen Religion, gleichwohl sei die palĂ€stinensische Frage keine Frage zwischen Juden und Muslimen oder Juden und Arabern, vielmehr sei PalĂ€stina zu einem Reservoir von Sklavenhaltern und Ausbeutern (barde-dārān ve-esteÊżmā-garān) gemacht worden, die ihre TĂ€tigkeit verstetigen wollen.

Deren Anliegen begrĂŒnde auch die Opposition gegenĂŒber dem iranischen Nuklearprogramm: Unter dem Vorwand der Sicherheit fĂŒr das zionistische Regime leiste die kapitalistische Welt mit allen Mitteln Widerstand gegen Iran. Der Jerusalem-Tag (rĆ«z-e qods) sei daher ein Schrei der ganzen Menschheit nach Freiheit von Sklavenhaltern und Ausbeutern und denjenigen, die heute den Anspruch auf Demokratie und Menschenrechte erheben. Israel sei folglich die Achse der Internationale von Dieben und Verbrechern.

Der Qods-Tag dagegen, so Ahmadinejad weiter, verteidige die Rechte der UnterdrĂŒckten (mustaáș“Êżafān) dieser Welt (ein Kampfbegriff der Islamischen Revolution). Der Quds-Tag sei ein Tag der “Wiederbelebung der Menschlichkeit” (eáž„yā-ye ensānÄ«yat) und der “menschlichen Ehre” (ĆĄarāfat-e ensānÄ«). In den letzten 62 Jahren sei die Welt Zeuge geworden, wie nach dem Zusammenbruch der PrĂ€missen israelischer Existenz das wichtigste Ziel des zionistischen Regimes in der eigenen Anerkennung und Konsolidierung bestehe.

Dies wollten die Zionisten erreichen, indem sie eine Million PalĂ€stinenser vertrieben und grossflĂ€chig mordeten (koĆĄtār-e wasÄ«Êż-e -mardom), darunter Kinder und Frauen, oder indem sie einige Kompromissler dazu bewegten, sich zu ergeben. Doch wĂ€hrend sie noch jubelten und glaubten, ihre Herrschaft auf Dauer errichtet zu haben, war plötzlich der 12. Imam aus der Tiefe der Geschichte aufgebrochen, um das Banner der Freiheit, der Einheit (touáž„Ä«d) und der Gerechtigkeit zu hissen.

Eine grosse Welle habe seither den Iran, dann die Region und schliesslich die ganze Welt erfasst, in dessen Herzen der Qods-Tag zur Achse aller Monotheisten (mowaáž„áž„edān) und Gerechtigkeitsliebenden wurde. Die MĂ€chtigen seien gegen diese Welle aufgestanden und bildeten sich ein, durch UnterdrĂŒckung, verschĂ€rfte Roheit, lĂŒgnerische Propaganda und dem ÜberschĂŒtten mit westlichen Dollars dieses Regime stabilisieren zu können. Sie glaubten, sie könnten auf palĂ€stinensischem Boden einen solchen rassistischen zionistischen Staat (doulat-e neĆŸÄd-parast-e áčŁehyĆ«nÄ«stÄ«) stabilisieren.

Die Ausweitung des palĂ€stinensischen Widerstands und die Vertiefung des Widerstandes in der Region sowie das Hochhalten der palĂ€stinensischen Aspirationen in den Herzen und Seelen der Jugendlichen und der GlĂ€ubigen der Region sowie der Freiheitsliebenden der Welt haben dem zionistischen Regime zwei harte SchlĂ€ge zugefĂŒgt: Im Libanon (2006) und in Gaza (2008). Mittlerweile, so Ahmadinejad, sei auch das “zionistische Regime” zur Überzeugung gelangt, dass es sich unter den gegenwĂ€rtigen Bedingungen auf dem Boden PalĂ€stinas nicht konsolidieren könne. Mittlerweile sei gar das “Fundament der zionistischen EntitĂ€t” (asās-e kiyān-e áčŁehyĆ«nÄ«stÄ«) in Gefahr geraten.

Ahmadinejad riet zur Vorsicht, einen unabhĂ€ngigen palĂ€stinensischen Staat auf einem winzigen StĂŒck Land von 11% der FlĂ€che PalĂ€stinas zu errichten. Die MĂ€chtigen seien darauf aus, einen Umsturz der Region zu untergraben, um so die “Wurzel des Verderbens” (ÄĄoráčŻĆ«me-ye fasād) aufrechtzuerhalten. Die PalĂ€stinenser ruft er zur Einheit auf, um gemeinsam einen “Schritt vorwĂ€rts” (gām-e ǧelou) zu machen. Das “heilige Ziel der Befreiung PalĂ€stinas” (hadaf-e moqaddas-e azād-sāzÄ«-ye Felasáč­Ä«n) dĂŒrfe nicht einen Augenblick aus den Gedanken der PalĂ€stinenser und der Völker der Region verschwinden.

Die Ausrufung eines unabhĂ€ngigen Staates PalĂ€stina sei nur der erste Schritt, nicht der letzte. Darauf mĂŒssten alle Anstrengungen gerichtet sein. Diejenigen, die die Wurzel aller Diktaturen, aller Verbrechen und des gesamten Unheils aller Völker seien, wĂŒrden unter dem Vorwand von Demokratie und Freiheit durch die HintertĂŒr ihre Herrschaft zu erneuern suchen. Weiter erklĂ€rt Ahmadinejad, dass Freiheit, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung nicht aus den Gewehrkugeln der NATO-MĂ€chte und Amerikas kommen.

Ahmadinejad ruft zur Einheit der Völker auf und mahnt, dass ein Staat, der kein gutes VerhĂ€ltnis zu seiner Bevölkerung pflege, von dieser getrennt sei. (Kommentar erĂŒbrigt sich!) Die militĂ€rische Einmischung der NATO fĂŒhre nur zu Zerstörung und VerwĂŒstung der Völker, ihrer Kulturen, Ökonomien und WĂŒrde (áž„eyáčŻÄ«yat). (Was das mit PalĂ€stinas zu tun hat, ist nicht ganz klar: Soll das heissen, die BekĂ€mpfung Israels mit Waffengewalt sei – in Analogie zu Afghanistan oder Irak – kontraproduktiv? Oder soll die NATO nur als Beispiel fĂŒr das zerstörerische Potential des Westens vorgefĂŒhrt werden, was eine “Befreiung” PalĂ€stinas – mit welchen Mitteln auch immer – umso dringlicher macht?)

Ohne den Feind kleinreden zu wollen, so Ahmadinejad, sehe er doch, dass dieser seinen historischen Tiefpunkt erreicht habe (was wohl Gaddafi dazu sagen mag?), aber natĂŒrlich mĂŒsse man damit rechnen, dass er erneut KrĂ€fte sammle, um das zionistische Regime zu retten. Alle GlĂ€ubigen, Monotheisten, Gerechtigkeits- und Freiheitsliebenden mĂŒssten sich auf die “Vernichtung des zionistischen Regimes” (maáž„w-e reĆŸÄ«m-e áčŁehyĆ«nÄ«stÄ«) konzentrieren, sodass die Anerkennung eines unabhĂ€ngigen palĂ€stinensischen Staates nicht der Endpunkt, sondern nur der erste Schritt (gām-o sekĆ«-ye awwal) sein könne. Letztlich gehe es darum, dass das ganze besetzte PalĂ€stina befreit werde.

Das “zionistische Regime” sei ein “Herd von Mikroben und Krebszellen” (kānĆ«n-e mÄ«krƍb ve-selĆ«lhā-ye saráč­ÄnÄ«). Überlasse man ihm auch nur einen Handbreit palĂ€stinensischen Bodens, so sammle es schnell wieder KrĂ€fte und schĂ€dige die ganze Region. Wer von Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit rede, könne nicht zugleich mit dem “zionistischen Regime” und Amerika zusammenarbeiten. Soweit Ahmadinejad.

Es wird wieder viel kreative Pseudowissenschaft nötig sein, um Äusserungen wie “Zerstörung des zionistischen Regimes”, “Herd von Mikroben und Krebszellen” und dergleichen zu entschĂ€rfen und als westliche MissverstĂ€ndnisse schönzureden. (27.08.2011)


Seither sind sieben Jahre vergangen. Ahmadinejad ist lĂ€ngst nicht mehr PrĂ€sident. Aber Khamenei ist noch da. â€œDas zionistische Regime wird unter Einsatz der muslimischen LĂ€nder definitiv beseitigt werden.” Das verkĂŒndete Irans RevolutionsfĂŒhrer Ajatollah Khamenei dieser Tage.

Quelle: leader.ir/fa

Es ist kaum zu glauben. Iran steht dank Trump unter aussenpolitischem Druck wie nie zuvor, wĂ€hrend im Inneren seit Ende letzten Jahres ununterbrochen Menschen gegen das Regime auf die Strasse gehen und in kreativen Aktionen deutlich machen, dass sie keine Reformen wĂŒnschen, sondern die Tyrannei einer islamischen Republik abschĂŒtteln.

Das Land verarmt zusehends und die Sanktionen machen es dem Regime nicht leichter, Wohlstand zu schaffen. Dabei könnte die Regierung die Sanktionen leicht beenden und die Unzufriedenheit der eigenen Bevölkerung beseitigen, wenn es endlich aufhörte, diese permanent zu drangsalieren und vor allem: Terrororganisationen im Ausland zu finanzieren.

Aber nichts da! Das Regime, vor allem sein RevolutionsfĂŒhrer, denkt nicht einen Augenblick daran, Frieden zu stiften und sich mit seinen Nachbarn, allen voran Israel, auszusöhnen. Nein, es will den Krieg. Es will die Zerstörung. Es will die Aggression. Es will das Chaos. Es will den Argwohn.

Egal, welche Probleme sein eigenes Land hat, Khamenei denkt an nichts anderes, als Israel lautstark mit seiner Vernichtung zu drohen (s. Abb. oben). Anders als westliche Apologeten des iranischen Regimes in der Vergangenheit haben glauben machen wollen, dass nĂ€mlich das Regime nur einen Regierungswechsel in Israel herbeisehne oder lediglich ein mittelalterliches Gedicht zitiert habe, nicht aber mit Vernichtung drohe, lĂ€sst das Regime in Wahrheit keinen Zweifel daran, dass es letzteres meint.

“Ba hemmat-e mellat-ha-ye mosalman” â€“ unter Einsatz oder Anstrengung der muslimischen LĂ€nder soll Israel beseitigt werden. Deutlicher kann man es nicht formulieren. Angesichts solcher Worte wird niemand behaupten können, dass StabilitĂ€t in der Region ein Ziel iranischer Politik sei. Khamenei will sein Land in den Untergang fĂŒhren. Die eigene Bevölkerung ist ihm gleichgĂŒltig.

(30. Juni 2018, Quelle)


Am 16. Juli 2018 hat Khamenei wieder zugeschlagen, diesmal auf seinem englischsprachigen Twitterkanal:

Die AnhĂ€nger der These, dass das Regime nicht von einer Vernichtung Israels trĂ€ume, sondern nur dessen vermeintlich zwangslĂ€ufigen Zusammenbruch herbeisehne, haben es diesmal besonders schwer: Hier benennet Khamenei den Akteur der von ihm erhofften Vernichtung: Es ist die palĂ€stinensische Nation mit UnterstĂŒtzung aller muslimischen Nationen, denen die historische Aufgabe zufallen soll.

Khameneis Twitterkanal (@khamenei_ir) hat kein Verifizierungszeichen, dennoch kann man davon ausgehen, dass Khamenei bzw. dessen BĂŒro die Autoren sind. Der Grund ist, dass Javad Zarif, derzeitiger Aussenminister der Islamischen Republik, der ĂŒber einen verifizierten Twitterkanal verfĂŒgt (@JZarif), selbst dem Kanal @khamenei_ir neben nur sieben anderen folgt. Es ist nicht anzunehmen, dass Zarif dies tun wĂŒrde, wenn es sich dabei um den Kanal eines unbekannten Nutzers handelte.

(24.07.2018)

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