Der Weitblick des Philosophen

Dass Hannah Arendts bekanntes Diktum von der Banalität des Bösen fraglich sein könnte, zumindest in Hinblick auf den Organisator der Judenvernichtung im Reichssicherheitshauptamt, Adolf Eichmann, hatte vor einiger Zeit die Publizistin Bettina Stangneth nahegelegt, die dem von Eichmann selbstgeschaffenen, marmornen Mythos, nur ein Rädchen im Getriebe des Holocaust gewesen zu sein, zum Bröckeln brachte. Eichmann war eben viel mehr, nämlich “Ideengeber, Praxisfinder, Innovator, und zwar von Anfang an” und damit Urheber von “Terror, Erpressung, Beraubung, Haft, Folter”.

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Bitte eine militärische Drohkulisse (ohne Gewalt)!

Wenn die Welt wieder einmal im Chaos versinkt, ist man für jeden Vordenker dankbar, der dem Medusenblick des Unwägbaren standzuhalten und mit einer Moral hart wie Beton den Weg zu zeigen weiss. Jetzt hat der Jürgen Todenhöfer, Fachmann für militärische Konflikte, interkulturellen Dialog und menschliche Herzenswärme, aufgedeckt:

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Islamophobie und Antisemitismus

Die bizarre Gleichsetzung von Islamophobie und Antisemitismus scheint immer mehr Anhänger zu finden. Doch vergleichbar sind sie allenfalls äusserlich, so der Historiker Dan Diner. Strukturell sind beide sehr verschieden:

Der klassische Antisemitismus sucht den “unsichtbaren” Juden, nicht den “sichtbaren”, nicht den Kaftan-Juden, nicht denjenigen, den man als Jude identifiziert. (…) Der Antisemitismus hat sich an Rathenau entzündet, oder an dem französischen Offizier Dreyfus, mit dem kein Mensch irgendetwas Jüdisches assoziierte, denn er war Franzose.

Je integrierter, desto verhasster: Nicht “das Andere” ist dem Antisemitismus Gegenstand der Feindseligkeit, sondern das Unsichtbare.

Was man alles unter der Scharia verstehen kann

Welche Früchte die Jasmin-Revolution in Ägypten und anderswo zeitigen mag, wagen auch die Nahost-Experten nicht vorauszusagen, die meist nicht mehr wissen, als was man am Vortag schon in den Zeitungen lesen konnte. Aber gesetzt den Fall, die politische Zukunft all der arabischen Länder, die ihre Diktatoren abgeschüttelt haben oder noch abschütteln werden, stünde ganz im Zeichen der Scharia, wäre das nicht ein Rückschritt? Kommt darauf an, was man unter Scharia versteht, weiss eine Expertin aus Berlin:

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Die Christianisierung der Arabischen Welt

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Viele Muslime, kritisiert Nivin, laden Andersgläubige gerne dazu ein, sich über den Islam zu informieren, ohne selbst jemals auf den Gedanken zu kommen, sich mit dem Christentum oder anderen Religionen vertraut zu machen. Nivin weiss, wovon sie spricht. Sie selbst ist vor drei Jahren vom Islam zum Christentum konvertiert.

Nachdem sie zuerst mit dem Judentum angebändelt hatte, gehört sie jetzt als Mitglied der Unitarischen Kirche zu einer Minderheit in der Minderheit. In Jordanien, wo sie übergetreten ist, kenne sie viele Muslime, die zum Christentum konvertiert seien. Man trifft sich dort in vertrauter Runde, um zu beraten, wie man sein „Coming Out“ am besten durchführt. Wie in schwulen Selbsthilfegruppen, scherzt Nivin.

Die jordanischen Behörden raten den Konvertiten zu entsprechender Diskretion – aus eigenem Interesse. Deshalb, so Nivin, hört man in arabischen Ländern so häufig von Konversionen zum Islam, nicht aber vom Islam zu anderen Religionen. Ihrer eigenen Einschätzung nach gibt es jedoch mindestens ebensoviele, die vom Islam zum Christentum wechseln wie umgekehrt.

Abbildung (c) 2010 Michael Kreutz

Aufpoliert

Was den Internetdienst Mideastwire.com von MEMRI unterscheidet, ist vor allem die Wahl der Quellen. Zentrales Kriterium ist der Publikationsort, nicht die Sprache. Im Klartext: Eine so wichtige iranische Exilantenzeitung wie die Londoner Kayhan findet in der Presseschau von Mideastwire.com keine Berücksichtigung.

Gerade im Falle nahöstlicher Diktaturen sind die inländischen Medien jedoch alle mehr oder weniger regimetreu, die wichtigsten Informationsquellen stammen von ausserhalb des Landes. Wes Geistes Kind Mideastwire.com ist, sollte damit schon hinreichend deutlich geworden sein. Jetzt hat der in Beirut ansässige Dienst noch eins draufgesetzt:

Few Arabic-language study programmes include visits with Hamas and Hizbollah officials as part of their curriculum. But at Damascus Exchange, a two-week course, access to such people is what students sign up for.

“Getting a chance to talk with Hamas was an amazing opportunity,” said Mert Karakus, a 22-year-old student from Turkey and one of 11 participants in this summer’s programme in Damascus, which is run by Mideastwire.com, a Beirut news translation service. (…)

Candid discussions with political figures were also important to Mr Karakus, who studies political economy in the US at Bates College in Maine.

“Hamas is a radical organisation that I hear about in the news,” he said. “But in the news you have a very negative image; the human element is lost. Hearing their stories, their concerns, seeing how they think, how they analyse, how they approach the situation, was what was important for me.”

Eine neue Generation von Nahostexperten begibt sich in die Startlöcher.

[Aus dem Archiv,]

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