Freiheit, ja aber

Meinungsfreiheit und Freiheit der Satire sind ja schön und gut, aber:

Für den Nahostexperten Michael Lüders ist das Argument „die Satire dürfe alles“ nur vordergründig. In erster Linie gehe es bei diesen Karikaturen um Profilierung und Auflagensteigerung.

berichtet die “Taz”. Denn Meinungsfreiheit soll nur dort gelten, wo hehre Motive im Spiel sind?

Siehe auch:

[Aus dem Archiv.]

Die Seifenblasen des Wachstumskritikers

Im Jahre 2050, so erträumt es sich der Sozialpsychologe Harald Welzer, werde es keinen Kapitalismus mehr geben, denn der habe sich mit seinen umfänglichen Privatisierungen als historisch “grösster Fehler” herausgestellt, “den man überhaupt begangen hat in der Moderne.” In Welzers Utopie werden weite Bereiche lokalwirtschaftlich mit lokalen Währungen organisiert sein. Wettbewerb und Wachstum gehören der Vergangenheit an.

Die entscheidende Frage, die Welzer allerdings nicht stellt, lautet: Soll diese Gesellschaftsordnung mit oder ohne Zwang erreicht und aufrechterhalten werden? Denn ist sie das Resultat von Freiwilligkeit und Eigeninitiative, dann unterscheidet sie sich nicht wesentlich von der heutigen Gesellschaftsordnung, wie sie in den westlichen Ländern vorherrscht, deren Haupteigenschaften Freiheit und Pluralismus sind. Eine bestimmte Form des Wirtschaftens ist hier nicht vorgeschrieben, solange sie nicht auf eine Diktatur hinausläuft. Will Welzer hingegen die von ihm präferierte Wirtschaftsordnung von oben verordnen lassen, dann ist er nolens volens Verfechter einer kommunistischen Diktatur.

Welzers Mangel an Logik zeigt sich auch in seiner Forderung nach einer Wirtschaft ohne Wachstum. Seine Beispiele für eine solche Wirtschaftsordnung beweisen in Wahrheit nämlich nur eines: Welzer ist sehr wohl für Wachstum, nur eben auf anderen Gebieten als denjenigen, auf denen heute gewirtschaftet wird. Im wesentlichen handelt es sich bei den Beispielen, die er nennt, durchweg um Dienstleistungen zur verbesserten Effizienz in der Ressourcenverwertung, sprich: zur Stärkung der Nachhaltigkeit. Auch das ist nichts, was zur heutigen Wirtschaftsordnung in irgendeiner Weise im Widerspruch stünde – es sei denn, ein staatlicher Zwang sorgte für die Begrenzung wirtschaftlicher Tätigkeit auf diesen Sektor. Dann wären wir wieder bei der kommunistischen Diktatur gelandet.

Man kann es daher drehen und wenden wie man will: Entweder ist Welzer ein Apologet der herrschenden Gesellschaftsordnung (und weiss es nicht), oder er ist Befürworter einer DDR 2.0 (und weiss es ebenfalls nicht). Zwischen Freiheit und Unfreiheit gibt es jedenfalls kein Drittes. Der Traum des Wachstumskritikers entpuppt sich als Seifenblase, die an der Freiheitsfrage zerplatzt.

[Aus dem Archiv.]

Überraschung

Damit hätten wir nun wirklich nicht gerechnet:

Teure Energie hat die Verbraucherpreise in der Euro-Zone im September überraschend in die Höhe getrieben.

Weil aber die Erzwingung der Energiewende ein Lieblingskind der Politik ist, wird sich daran auch nichts ändern. Die nächsten Kollateralschäden dieser Idiotie dräuen schon am Horizont – s. hier und hier.

[Aus dem Archiv.]

Gefangen im Labyrinth

Fremde Mächte, die mittels versteckter Maschinen kontrolliert Waldbrände auslösen – wer solchen Gerüchten Glauben schenkt, lässt sich auch sonst jeden Bären aufbinden. Schlimm nur, wenn ein erheblicher Teil der Bevölkerung solchen Wahnvorstellungen anhängt; noch schlimmer, wenn auch die Regierung davon befallen ist. Aus einer recht lesenswerten Analyse des Deutschlandbildes im gegenwärtigen Griechenland:

Als im August 2007 Waldbrände in Griechenland wüteten, schob der Minister für öffentliche Ordnung, Viron Polidoras, das Versagen seiner Regierung […] den “allgemeinen Windverhältnissen” zu. Ausgerechnet zu dieser Zeit, so argumentierte er, habe der Wind seine Richtung geändert und dadurch die Arbeit der Feuerwehr behindert. […]

Da sie Routine darin haben, Sündenböcke zu finden, ist es keine Überraschung, dass griechische Politiker seit dem Oktober 2009 eine ähnliche Kommunikationsstrategie angewendet haben.

[…] Die emotional aufgeladene Botschaft, die Griechenlands politische Eliten aussenden: Die Hellenische Republik wird von einem Land mit einer furchtbaren und unverzeihlichen Vergangenheit in einer Art Labyrinth gefangen gehalten.

Gemeint ist natürlich der ökonomische Riese im Norden: Einer in diesem Jahr durchgeführten Meinungsumfrage zufolge sollen 79 Prozent der befragten Griechen eine negative Einstellung gegenüber Deutschland hegen. (Die Analyse gibt es zum Download hier.)

[Aus dem Archiv.]

Neigung

Einer politischen Partei nahezustehen, macht einen Journalisten allein selbstverständlich noch nicht unglaubwürdig. Zumindest solange nicht, wie sich seine Arbeit nicht davon beeinflussen lässt (sofern es sich nicht explizit um Meinungsartikel handelt). Wenn also eine relative Mehrheit der in einer Untersuchung befragten Politikjournalisten linken Parteien zuneigt (SPD, Grüne, Linkspartei), dann ist das nur recht und billig. Es könnte aber manche Erscheinung unserer Medienlandschaft erklären helfen.

[Aus dem Archiv.]

Was wollen die MEMRI-Kritiker?

Thomas Friedman hat gewiss recht, wenn er in der Empörung über den islamkritischen Mohammed-Film eines in den USA lebenden ägyptischen Kopten eine Doppelmoral am Werk sieht (s. auch hier). Dass er seine These durch Quellen unterlegt, die vom Übersetzungsdienst MEMRI stammen, hat allerdings wieder ein paar alte Reflexe zum Vorschein gebracht: MEMRI sei unseriös, inakkurat, manipulativ und verfolge eine politische Agenda, lauten die Vorwürfe, die seit Jahren immer einmal wieder zu hören sind.

Gute Gelegenheit, mit alten Mythen aufzuräumen. Tatsache ist: Es gibt genügend Wissenschaftler und Journalisten, die irgendwie ein Problem mit Israel haben. Natürlich sagt keiner: “Ich habe ein Problem mit Israel”, sondern man druckst und windet sich, wenn es um Israel geht, und redet lieber um den heissen Brei. Vorsicht ist also angesagt, wenn Einwände mit offenkundig fadenscheinigen Argumenten vorgebracht werden.

Der wahre Grund, warum nicht wenige Islam- und Nahostexperten ein Problem mit MEMRI haben, dürfte denn auch ein ganz anderer sein. MEMRI ist die Gründung eines Israelis und ehemaligen Mitglieds des israelisches Geheimdienstes (Himmel steh uns bei!) und zudem in den USA ansässig. Diese Reizwörter – Israeli, Geheimdienst, USA – sind sicherlich weit mehr als manche Leute ertragen können, für die MEMRI denn auch nichts anderes sein kann als eine Propagandaschleuder. Da nützen MEMRI-Gründer Yigal Carmon auch noch so moderate Töne nichts.

So wird man immer etwas finden, was die eigene Weltsicht bestätigt. Irgendein angeblicher oder tatsächlicher Übersetzungsfehler, der vor Jahren einmal vorgekommen sein soll, muss dann herhalten, um MEMRI als solches komplett zu diskreditieren. Auch das nunmehr zehn Jahre alte inamo-Dossier über MEMRI (http://www.inamo.de/index.php/memri-watch.html), dessen Behauptungen von damals, so sie denn jemals der Wahrheit entsprachen, von MEMRI-Kritikern auch ohne weiteres für die spätere Zeit angenommen werden, besteht aus Pamphleten, deren Verfasser zum Teil noch nicht einmal des Arabischen oder Persischen mächtig sind.

Praktisch ist, dass die Behauptung, der Dienst treffe eine willkürliche Auswahl der zu übersetzenden Texte, weil er eine politische Agenda verfolge, nicht so leicht zu widerlegen ist. Dass MEMRI auch liberale Stimmen übersetzt und nicht nur Texte von Radikalinskis, die dazu geeignet sind, das Image des Islam zu ramponieren, konnte die verbliebenen MEMRI-Kritiker bislang wenig beeindrucken.

Wie fadenscheinig deren Argumente sind, zeigt die Gegenprobe. Fragt man einen durchschnittlichen Islamwissenschaftler, dessen Forschungsschwerpunkt in der Gegenwart angesiedelt ist, nach einem Übersetzungsdienst, den er empfehlen kann, dann dürfte diese Frage in den meisten Fällen mit dem Hinweis auf Mideastwire (www.mideastwire.com/) beantwortet werden. Auf Mideastwire trifft jedoch genau das zu, was an MEMRI so gerne kritisiert wird: eine selektive Auswahl der Quellen und das nicht nur im Einzellfalle, sondern aus Prinzip.

Mideastwire nämlich berücksichtigt im Gegensatz zu MEMRI keine Exilantenquellen. Als ein Beispiel sei hier die persische Kayhan genannt, die, wie jedem, der über ein Grundwissen hinsichtlich der nahöstlichen Medienlandschaft verfügt, bekannt ist, zweifach existiert, weil es zwei Zeitungen von insgesamt zwei Redaktionen gibt, die unter dem Namen Kayhan publizieren. Während die eine Redaktion in Teheran sitzt, befindet sich die andere in London. Zwischen beiden gibt es sogar eine Verbindung: Die eine ist das Original, die andere das Plagiat.

Das Original wird in London herausgegeben; es handelt sich dabei um diejenige Kayhan, die schon vor der Islamischen Revolution 1979 existierte und die damals noch ihren Redaktionssitz in Teheran hatte. Ihr Gründer war der vor sechs Jahren hochbetagt im Exil verstorbene Mostafa Mesbahzadeh. Mit der Revolution mussten die Zeitungsmacher das Land verlassen; ihre Redaktionsräume wurden dann von den neuen Machthaber dazu benutzt, die angesehene Zeitung Kayhan widerrechtlich weiterzubetreiben und für die eigenen Zwecke zu missbrauchen, indem man sie zu einem Sprachrohr für das Regime machte.

Während MEMRI Texte aus beiden Quellen, aus der (regimekritischen) Londoner ebenso wie aus der (regimefreundlichen) Teheraner Kayhan übersetzt, berücksichtigt Mideastwire ausschliesslich die Teheraner Kayhan, ohne jemals sachliche Gründe dafür vorgebracht zu haben. Auch andere Exilantenquellen bleiben von Mideastwire unberücksichtigt – und die Kritik bleibt aus. Wer versucht, über die Vorgänge im Iran allein aus Texten in Übersetzung von Mideastwire ein Bild zu gewinnen, der wird nur Staatspropaganda finden und ein entsprechendes Zerrbild von den Realitäten im Iran bekommen.

Wie gesagt, die Kritik an Mideastwire ist bislang ausgeblieben. Kein Wunder, dahinter stecken keine Israelis, sondern zwei linke Journalisten, deren einer von bösen Zungen als “Western spokesperson for Hezbollah” bezeichnet wird. Egal ob das nun übertrieben ist oder nicht: Wer ein Problem mit Israel hat, hat eines mit MEMRI; wer keines mit der Hisbollah hat, hat auch keines mit Mideastwire.

Siehe auch:

Aufpoliert, 24. September 2010.

[Aus dem Archiv.]

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