In einem Beitrag für Aljazeera anlässlich des 40. Jahrestags der Revolution 2019 behauptet Hamid Dabashi, er habe damals zu den Gegnern des Schah-Regimes gehört, aber, wie auch die anderen Revolutionäre, keine religiöse Diktatur gewollt. Dabashi, der an der New Yorker Columbia-Universität lehrt, gehört zu den bekanntesten Iran-Erklärern in den USA.
Für Khomeinis Aufstieg macht er nicht zuletzt die USA verantwortlich, die Irans Nachbar und Feind Irak unter Saddam Hussein darin ermutigt haben sollen, den Iran anzugreifen. Dabashi gibt sich als Regime-Gegner, spricht abschätzig von einer „Mullakratie‟, die die iranische Revolution gekapert habe – und verteufelt zugleich die Vision eines Regimewechsels, die Millionen von Iraner in die die Katastrophe stürzen würde.
Moment mal. Dabashi ist gegen die Mullah-Herrschaft, aber ebenso gegen einen Regime-Wechsel? Wie passt das zusammen?
Das passt sehr gut zusammen. Denn Dabashi ist kein wirklicher Regime-Gegner, er ist ein Regime-Lobbyist mit einer antiwestlichen Agenda. Die Regime-Lobby hat seit längerem ein Problem: Es lässt sich nicht mehr vertuschen, dass die Iraner gegen das Regime aufbegehren. Seither versucht sie, der Zorn der Bevölkerung gegen das Regime als bloss gegen das Establishment gerichtet darzustellen.
Einer westlichen Öffentlichkeit soll weisgemacht werden, hier handele es sich um eine Reformbewegung, die nach Verbesserungen innerhalb der herrschenden Verhältnisse strebt und nicht nach einem Wechsel der Verfassung, ähnlich den Gelbwesten in Frankreich, die auch gegen „die da oben‟ auf die Strasse gehen, ohne deshalb ein völlig neues politisches System anzustreben.
Mit dieser Strategie ist die Iran-Lobby im Westen erstaunlich erfolgreich, bedenkt man, dass die Aussenpolitik vieler Länder dem Leitgedanken folgt, dass eine harte Linie den Reformern im Lande schade und man sich notgedrungen dem Regime anschmiegen müsse.
An Perfidie schwerlich zu überbieten ist es, wenn Dabashi Masoume Ebtekar und Masih Alinejad gleichermassen zu Galionsfiguren der Islamischen Republik macht. Masoumeh Ebtekar ist eine Terroristin, die eine führende Rolle bei der Geiselnahme amerikanischer Diplomaten 1979-81 gespielt hat und heute Ministerin im Kabinett der iranischen Regierung ist
Masih Alinejad hingegen dagegen ist eine Menschenrechtsaktivistin, die im Westen dafür bekannt geworden ist, den Widerstand der iranischen Frauen gegen die tägliche Repression auf den Strassen Irans zu dokumentieren. Kürzlich hat sie sich gemeinsam mit dem amerikanischen Aussenminister der Trump-Regierung, Mike Pompeo, ablichten lassen. Kein Wunder, dass Frau Alinejad eine Hassfigur der Regime-Lobby geworden ist.
Dabashi verleumdet sie als selbstsüchtige Opportunistin im Dienste der USA und derer, die versuchen, das iranische Regime zu stürzen. Die Menschenrechtsaktivistin Masih Alinejad ist für ihn keinen Deut besser als eine Kriminelle wie Masoumeh Ebtekar, die er beide als Ausfluss desselben Übels schmäht.
Darin, dass Frau Alinjead einer solcher Hass von so niederträchtigen Figuren wie Dabashi entgegenschlägt, liegt freilich auch eine gute Nachricht. Denn die Iran-Lobby ist in Panik, hat sie doch in den USA eine herbe Niederlage einstecken müssen, seitdem Trump im Weissen Haus sitzt. Alles droht nun einzustürzen, die ganze Desinformation versandet.
Trumps Vorgänger Obama hatte noch ganz offen mit Vertretern der Iran-Lobby zusammengearbeitet. Trita Parsi, einer der meistgehassten Männer in der iranischen Community, war im Weissen Haus ein- und ausgegangen. Der sog. Iran-Deal (JCPOA) wurde von der Ploughshares-Organisation mit seiner Hilfe für die amerikanische Öffentlichkeit beworben. Zu Trita Parsis NIAC (National Iranian American Council) gehörte zumindest zeitweilig auch Sahar Nowrouzzadeh, eine Analystin, die bis zur obersten Sicherheitsberaterin Obamas in Sachen Iran aufgestiegen war.
Dann kam Trump.
Trump hat sie alle aus dem Weissen Haus hinausgeworfen und die Verbindungen mit ihnen gekappt. Trita Parsi, der gute Beziehungen zum iranischen Aussenminister Javad Zarif unterhielt, trat vergangenes Jahr als Präsident von NIAC zurück und auch Sahar Nowrouzzadeh verschwand in der Versenkung. Ihr Twitter-Account wurde seit anderthalb Jahren nicht mehr aktualisiert.
Besser noch: Trump, sein Vize und sein Aussenminister trafen sich endlich mit den richtigen Leuten, mit ganz normalen Iranern nämlich, die nicht hinter dem Regime stehen; die nicht ein System schönreden und an der Macht zu halten versuchen, das seit Jahrzehnten die eigene Bevölkerung permanent schikaniert und unterdrückt. Dass die Mehrheit der Iraner das Leben in einer religiösen Diktatur ablehnt, kann als gegeben betrachtet werden.
Zu den grossen Erfolgen der Iran-Lobby nicht nur in den USA gehört es, die Vorstellung in die Köpfe der Menschen gepflanzt zu haben, die iranische Bevölkerung sei zwischen Hardlinern und Reformern gespalten und wenn der Westen nicht dies oder jenes tue, dann würde dies dies Hardliner stärken und die Reformer schwächen. In Wirklichkeit gibt es keinen Unterschied zwischen Hardlinern und Reformern, weswegen die Iraner ein Volk von Dissidenten sind.
Man darf nicht vergessen, dass auch die persischsprachigen Dienste westlicher Sender wie Voice of America (VOA) oder der BBC seit langem schon ganz auf der Linie der sog. Reformer liegen, weswegen sie in der iranischen Auslandscommunity an Glaubwürdigkeit eingebüsst haben. Dort schaut man lieber Manoto TV oder seit neuestem den (wohl saudisch finanzierten) Sender Iran International.
In Europa sind wir noch nicht so weit. Schaltet man hierzulande den Fernseher ein oder blättert die Zeitung auf, dann dröhnt uns fast immer die Stimme der Reformer entgegen. Dass Menschen auf die Strasse gehen, ihre Lebenslust und Hinwendung zu den weltlichen Dingen, ihr Hang zu westlicher Kleidung und westlichem Lebensstil, zu Rockmusik und Selbstbestimmung habe nicht zu bedeuten, dass sie ein anderes System wollen – so der typische Reformer-Sprech.
Gut möglich, dass das Regime so bald nicht stürzen wird, hat es doch vierzig Jahre Zeit gehabt, einen mächtigen Unterdrückungsapparat aufzubauen. Aber wenn es in absehbarer Zeit stürzen sollte, werden die Reformer und ihre Anhänger im Westen ausgespielt haben. Das dürfte auch Hamid Dabashi tief in seinem Innern bewusst sein.
Anm. 01.03.2019
Geringfügige Änderung des Titels.
Nachtrag 31. Mai 2019
Verteidiger des JCPOA, schreibt Clifford D. May in der „Washington Times“ müssen jetzt einsehen, dass allein Trumps harte Linie das iranische Regime dazu gebracht hat, möglicherweise nachverhandeln zu wollen. Dass Trump auf einen Krieg zusteuere, sei eine haltlose Behauptung. Freilich müsse Trump jetzt aufpassen, die Fehler seines Vorgängers Obama nicht zu wiederholen und dürfe keinesfalls die terroristischen Aktivitäten des Iran als Normalität akzeptieren.