IPCC für Atomkraft (und keiner will es wissen)

Man soll auf die Wissenschaft hören, heisst es. Gerade wenn es um den Klimawandel geht, ist diese Parole populär. Und wo wäre mehr geballte wissenschaftliche Kompetenz in dieser Frage vorhanden als beim IPCC, dem “Intergovernmental Panel on Climate Change”?

Wie der Name sagt, ist das IPCC eine zwischenstaatliche Organisation und gilt als Goldstandard der Klimaforschung. 2007 erhielt es den Friedensnobelpreis. Das IPCC gibt sogenannte “Assessment Reports” heraus, die Empfehlungen für die Politik enthalten, d Klimawandel einzudämmen.

Der aktuelle sechste Assessment Report (AR6) ist noch in Arbeit und wird erst im September 2022 fertiggestellt werden. Der letzte veröffentlichte ist AR5 von 2014. Darin heisst es zusammenfassend über Szenarios der CO2-Konzentration in der Atmosphäre:

“Zero- and low-carbon energy supply includes renewables, nuclear energy, fossil energy with carbon dioxide capture and storage (CCS), and bioenergy with CCS (BECCS).”

Atomenergie wird hier ausdrücklich als Teil einer Versorgungskombination genannt, die dazu beiträgt, den CO2-Ausstoss zu reduzieren. Auch heisst es dort, dass den meisten integrierten Modellierungsszenarien zufolge eine CO2-Reduktion am schnellsten über die Elektrizitätsversorgung erfolgt, weniger über die Industrie, Gebäude oder Transportmittel.

Im Klartext: Atomenergie ist ein enorm wichtiger Faktor, wenn es darum geht, den Klimawandel zu bremsen. Die Verfasser des “Reports” räumen zwar ein, dass es ungeklärte Fragen hinsichtlich der Sicherheit, Abfallentsorgung, Regulierung und Finanzierung von Atomkraftwerken gibt, doch stellen sie grundsätzlich fest: “Nuclear energy could make an increasing contribution to lowcarbon energy supply …

Atomenergie könnte in der Zukunft sogar noch bedeutender werden! Das passt aber weder zum gegenwärtigen Kurs der Regierung noch zu den Programmen der linken Opposition. Man soll auf die Wissenschaft hören? Offenbar nur soweit, wie sie ins eigene Weltbild passt.


Nachtrag 6. November 2022

Spricht steigender Atommüll gegen einen Weiterbetrieb der deutschen AKW? Die “Quarks”-Redaktion des WDR rechnet vor: “Bei einer Laufzeitverlängerung von 2 Jahren der drei bestehenden AKWs kämen 150 Tonnen hochradioaktive Schwermetalle und 300 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle hinzu. Das entspricht etwa einem Prozent des bisherigen Mülls.” Ihr Fazit: “Auf die Gesamtmenge des Atommülls hätte die Laufzeitverlängerung nur einen verhältnismässig kleinen Einfluss.

Nachtrag 19. Januar 2023

Was ausserdem passieren muss, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, bringt ein Artikel auf Spektrum.de zur Sprache: “Das Treibhausgas muss zusätzlich effektiv aus der Atmosphäre entfernt werden, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.” Dies besagt die Studie einer internationalen Forschergruppe. Neuartige Methoden zur CO2-Entnahme aus der Luft gibt es zwar, sie spielen bislang aber praktisch keine Rolle in der Klimapolitik.

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