Michael Kreutz: Das Ende des levantinischen Zeitalters

Kreutz_DEdlZ 2013Es ist wieder einmal soweit: Hiermit beehre ich mich, die Publikation eines weiteren Buches anzukündigen. Es heisst “Das Ende des levantinischen Zeitalters” und handelt von der Nationswerdung der zum Osmanischen Reich gehörenden Völker in einem gemeinsamen Kontext.

Bislang waren es nur wenige Versuche einer Geschichtsschreibung in dieser Richtung unternommen worden, üblicherweise werden die Nationen Südosteuropas vornehmlich im Kontext der europäischen Geschichte studiert, die westasiatischen Länder und Ägypten im islamischen Kontext.

Dass es auch anders geht, will dieses Buch zeigen. Es ist aufschlussreich, die Regionen des Östlichen Mittelmeeres vor dem Hintergrund der gemeinsamen osmanischen Geschichte in Augenschein zu nehmen, so die zentrale These. Viele Dinge erscheinen so in einem neuen Licht und das gilt auch für Erscheinungen der Gegenwart.

Denn auch wenn nicht alles, was in der Gegenwart sich abspielt, mit der Geschichte erklärt werden kann, so immerhin doch vieles. Der Schlüssel zum tieferen Verständnis mancher Entwicklungen des Nahen Ostens und Südosteuropa liegt denn auch im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Davon handelt dieses Buch.

[pullquote]Kaufleute und Missionare, Gouverneure und Generäle, Poeten und Visionäre – und das Abenteuer einer Epoche. Vom Zerfall eines Reiches und der Wandlung einer Weltregion am Schnittpunkt von Zivilisationen und Religionen. (Umschlagtext)[/pullquote]

Quellen und Forschungsliteratur waren in solcher Überfülle vorhanden, doch habe mich auf das Wesentliche beschränkt. Um der Lesbarkeit willen wurde vieles gestrafft. Die Thematik ist komplex, das Buch dennoch mit dem Anspruch auf Leichtverständlichkeit geschrieben.

Neben Primärtexten hauptsächlich arabischer und neugriechischer Provenienz, haben viele Quellen in westlichen Sprachen Eingang in das Buch gefunden, darunter bislang unveröffentlichte Archivmaterialien. Allein in London habe ich zu diesem Zweck tausende von Dokumenten durchgesiebt. Viele Ereignisse, von denen die Quellen erzählen, stehen im Zusammenhang mit Akteuren, die in der Literatur bislang übergangen wurden.

Erzählt wird u.a. die Geschichte des letzten Khediven Ägyptens, der vergeblich seine Macht zurückzuerobern suchte, während ihm die europäischen Geheimdienste auf den Fersen waren. Oder die Geschichte des britischen Kolonialbeamten James H. Skene, der im syrischen Aleppo eine Gerichtsbarkeit nach westlichem Muster einzurichten sich bemühte – und grandios scheiterte.

Weitere Themen, die behandelt werden, sind die Diskussion um die Zukunft der Hagia Sophia; die Frage, inwieweit Israel zu Recht seinen Platz im Nahen Osten behauptet; der Kampf um Kleinasien; das Verhältnis von Staat und Religion in den Nachfolgestaaten des Osmanischen Reiches; die Instrumentalisierung von Geschichte und vieles mehr.

Zu den Herausforderungen, denen ich mich gestellt habe, gehört nicht nur, die Geschichte der Länder dreier Kontinente miteinander zu verweben, sondern auch, real- mit kultur- und ideengeschichtlichen Aspekten zu verknüpfen. Und das, ohne allzu viele Brüche in Kauf zu nehmen. Inwieweit ich diesem Anspruch gerecht geworden bin, möge der geneigte Leser selbst beurteilen.

Als echtes Rundum-Kunstwerk ist auch dieses Mal der Umschlag von mir selbst gestaltet worden (mit einem Bild, das sonst niemand hat). Dass der Leserschaft die eine oder andere neue Einsicht beschert werde, ist meine stille Hoffnung. Vielleicht wird sie auch ein wenig von der Freude angesteckt, die seinem Verfasser das Anfertigen des Buches bereitet hat.

Michael Kreutz: Das Ende des levantinischen Zeitalters. Europa und die Östliche Mittelmeerwelt, 1821-1939. Hamburg: Kovač, 2013. 434 Seiten, € 118,80. (Link)

Leistungsschutzrecht

Habemus papam. Und jetzt zu etwas ganz anderem: Deutsche Presseverleger möchten von Google & Co. doppelt profitieren, indem diese dafür zahlen sollen, ihnen eine kostenlose Dienstleistung, nämlich Leser zuzuführen, anbieten zu dürfen.

Klingt irre, aber wie vieles, was irre klingt, durfte dieses Vorhaben erfolgreich auf den Zuspruch der Politik hoffen, die nun ein Gesetz zusammengefrickelt hat, das dazu geeignet ist, Verwirrung und Unklarheit zu schaffen.

Für dieses Blog bedeutet das: Eine Verlinkung auf die Webpräsenzen deutscher Zeitungen wie FAZ, Welt, Zeit etc. wird auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Eine reine Vorsichtsmassnahme, sicher ist sicher.

Ebenfalls auf unbestimmte Zeit ausgesetzt wird damit das Vorhaben, die Datenbank mit den Beiträgen von 2005-2012 zugänglich zu machen. Man kann nie wissen.

Und nun weiter im Text.

Blindflug in die Geschichte

Dass ein deutscher Kanzler oder eine Kanzlerin die Türkei einmal auf Knieen darum bitten werde, der EU beizutreten, ist eine Vorhersage, mit der der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger eines Tages vielleicht recht bekommen mag. Sollte es allerdings wirklich zu einem Beitritt kommen, sei es nun nach vorausgegangenem Kotau oder nicht, dann möchte man hoffen, dass dies aus der Überzeugung gegenseitigen Nutzens heraus geschieht – und nicht aufgrund fragwürdiger historischer Argumente.

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Gesellschaftsformung

Wenn man bei der Links-Partei genau zu wissen glaubt, ab welcher Einkommensgrenze der Lebensgenuss aufhört, um jenseits dieser Grenze das Recht auf Eigentum gerechtfertigterweise suspendieren zu können, so ist das weiter keine Überraschung. Dass zuweilen allerdings auch im bürgerlichen Lager eine Sehnsucht nach der Tugenddiktatur anzutreffen ist, hat schon eine andere Qualität.

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Paternalismus, nicht Eigennutz

“Nur wer an die Macht des Teufels glaubt, kann verstehen, was sich in den letzten anderhalb Jahrzehnten in Westeuropa und Amerika zugetragen hat. Denn nur als Teufelswerk kann gedeutet werden, was wir erlebt haben. … Rausch der ‘Freiheit’! Ideologie des Liberalismus!”

Dieses Zitat von Werner Sombart ((Werner Sombart, Deutscher Sozialismus, Berlin 1934, 3.)) stammt aus den Dreissigern, dürfte aber auch heute wieder ein grosses Mass an Zustimmung finden. Und das längst nicht nur in der radikalen Linken, sondern mittlerweile ganz offensichtlich auch im bürgerlichen Lager.

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Ein Volk von Apostaten

Eine Welle des Atheismus überflutet den Iran – diese Behauptung mag übertrieben sein, denn nicht jeder, der sich von der Schia abwendet, ist gleich Atheist. Viele bekehren sich einfach zu anderen Kulten und Religionen, auch zum Christentum. Doch gibt es wenig Zweifel, dass die Schia in Iran an Rückhalt verliert. Eigentlich ist das auch gar nichts neues. Neu ist, dass selbst das herrschende Regime diese Entwicklung nicht mehr ignorieren kann.

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Bloss keine Szene machen!

Wohl schon hunderte Male wurde über Ahmadinejads Satz, dass Israel von der Landkarte getilgt werden müsse (Esrāʾīl bāyad az ṣafhe-ye ruzgār maḥw šawad), gestritten. Der Trick derer, die die Richtigkeit der Übersetzung anzweifeln, besteht üblicherweise darin, mit der nicht anders als skurril zu nennenden Behauptung, nur eine wortwörtliche Übersetzung sei die richtige, zu argumentieren.

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Roh, feindselig, zynisch

Nicht zuletzt die Behauptung, dass “die Juden sich vorbereiten, Palästina zu verlassen”, wie ein iranischer General angesichts bewaffneter syrischer Truppen zu verkünden meinte, deutet auf eine gewisse Realitätsferne des Regimes in Teheran. Aber auch sonst. Während die Moscheen des Landes immer weniger Gläubige anziehen, gibt sich das iranische Regime entschlossen, durch vermeintlichen Erfindergeist zu demonstrieren, dass es noch längst nicht zum alten Eisen gehört.

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