Die EU, ihr Parlamentspräsident und das Wasser in der Westbank

Was der Anlass der Rede war, die EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in der israelischen Knesset hielt, ist nicht ganz klar, es dürfte jedoch mit der Tatsache zusammenhängen, dass Schulz am Tag zuvor die Ehrendoktorwürde der Hebräischen Universität entgegengenommen hat. Dann konnte man ihn auch gleich in die Knesset einladen.

Auch wenn es nur “rechtsgerichtete” Abgeordnete waren, die während der Rede empört den Saal verliessen, so lässt der Vorgang jedoch tief blicken. Schulz, der glaubt, er habe eine “pro-israelische Rede gehalten“, hat letztlich nur gezeigt, dass auch er zu dem Heer derer gehört, die eine Meinung zum Nahostkonflikt haben, aber die Dinge weder analysieren noch sie verstehen wollen.

Das zeigt der Wortlaut der Rede nur zu deutlich, dessen Tenor darin besteht, dass der Konflikt ganz einfach zu lösen wäre, wenn sich die israelische Seite nur einen Ruck geben würde. Man müsse nur verhandeln, sich zurückziehen, weniger Wasser in der Westbank verbrauchen – und schon sei der Frieden nicht fern.

„Examination at the passes of the Jordan:“ von Library of Congress/ CC0 1.0

Klar, Frieden ist besser als Krieg, und haben nicht Itzchak Rabin, Schimon Peres und Willy Brandt gezeigt, wie weit man kommen kann, wenn man mit dem Feind verhandelt? Sind Kompromisse nicht besser als sturres Beharren auf der eigenen Position? Führen Besetzung und Siedlungsbau nicht zwangsläufig zu Terror? Und musste das nicht einmal gesagt werden?

Was Leute vom Schlage eines Martin Schulz allerdings nicht sehen, ist die Tatsache, dass Israel schon lange verhandelt, Kompromisse geschlossen und sich zurückgezogen hat. Doch hat Israel weder für das Oslo I-Abkommen, mit dem mind. 60% der Bevölkerung in der Westbank der Verwaltung durch die PA unterstellt wurden, noch für den Abzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon 2000 oder durch die Evakuierung der jüdischen Bevölkerung Gazas 2005 eine Friedensdividende erhalten. Im Gegenteil.

Auch beim Wasserverbrauch in der Westbank liegen die Dinge nicht so einfach. Zwar berichtet die palästinensische Wasserbehörde (die Website ist derzeit nicht erreichbar, nur ihr Auftritt auf Facebook), dass es ein Problem mit Wasserdiebstahl gibt und ebenso temporäre Konflikte über die Wasserverteilung mit der Siedlung Efrat. Auch werden Sabotageakte am Kanalisationssystem beklagt – zugleich wird eingeräumt, dass technische Probleme die Sabotageakte gar nicht nötig gemacht hätten.

Der zentrale Denkfehler, der nicht nur Schulz bei diesem Thema unterläuft, liegt jedoch in dem Irrglauben, es handele sich allein um Wasser aus der Westbank, das in der Westbank verbraucht wird und von dem die israelischen Siedler einen überproportional hohen Anteil für sich beanspruchen.

Tatsächlich gibt es einen Nettozufluss von Wasser aus Israel ins Westjordanland, von dem nicht nur die Siedler profitieren, sondern auch die Palästinenser. Wilde Brunnenbohrungen haben grundwasserführenden Schichten der Westbank ebenso zugesetzt wie sie in Gaza ein ökologisches Desaster verursacht haben.

Alles nur israelische Propaganda? Wer das glaubt, soll es beweisen. Dass den Palästinensern allein dadurch Unrecht geschehe, dass israelische Siedler mehr Wasser zur Verfügung haben, ist jedenfalls nicht schlüssig. Wie auch manch anderes Argument, das so gerne vorgebracht wird, wenn es um die Ursache des Nahostkonfliktes geht.

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