Intellektuellenland ist abgebrannt

Klagen, dass in gesellschaftlichen Fragen der Spezialist an die Stelle des Intellektuellen getreten sei (oder zu treten drohe), wirken merkwürdig aus der Zeit gefallen. Der hohe Grad an Alphabetisierung und die heute leichter als vor ein- oder zweihundert Jahren zu erwerbende Bildung sind der Grund dafür, dass dem Intellektuellen die Kontrastfolie massenhaften Unwissens abhandengekommen ist. Auch ist seit Leibniz die Zeit des Universalgelehrtentums nun einmal vorbei. Schlechte Nachrichten sind das nicht.

Das zu akzeptieren fällt vielen Intellektuellen freilich schwer. Bescheidenheit nämlich ist ihre Stärke nicht. Da war Karl Popper noch aus anderem Holz geschnitzt. Feststellen zu müssen, dass Xenophanes seine Erkenntnistheorie um 2500 Jahre vorweggenommen hatte, lehrte Popper, wie er selbst sagte, bescheiden zu sein – nur um anschliessend zu erfahren, dass auch auch die Idee der intellektuellen Bescheidenheit vor fast ebenso langer Zeit vorweggenommen wurde.[1] Bleiben wir also auf dem Teppich.

  1. Karl Popper, Die Welt des Parmenides. Der Ursprung des europäischen Denkens, hrsg. von Arne F. Petersen, München 2001, 100. ⇧
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