Der erste Eindruck war nicht der beste. Elsässer, Jebsen, Hadsch Amin al-Husseini, das kennen wir doch alles schon. Aber dann wurde der Film richtig gut, als er die BDS-Bewegung ins Visier nahm. Diese ist verlogen und heuchlerisch und wird von Menschen getragen, denen jegliche intellektuelle Redlichkeit in Bezug auf die eigene Geschichte oder die Realitäten des Nahen Osten zutiefst fremd ist. Daher nützt die BDS-Kampagne auch den Palästinensern nicht, wie der Film dankenswerterweise gezeigt hat.
Bei dem Film handelt es sich eine Dokumentation, die der Fernsehsender Arte in Auftrag gegeben, aber nicht ausgestrahlt hat, der aber nunmehr seinen Weg ins Internet gefunden hat. Die Macher des Films haben sogar Behauptungen der BDS-Anhänger gegengecheckt und sind ins vermeintliche Lager Gaza gefahren, wo ihnen Palästinenser, sobald die Kamera ausgeschaltet wurde, deutlich gemacht haben, dass der Westen gut daran täte, dem Hamas-Regime alle Finanzhilfen zu streichen, damit es endlich zusammenbricht.
https://www.youtube.com/watch?v=S8zuk8QCXKs
Darum ist BDS nichts anderes als Hamas-Propaganda und deren Anhänger scheinen das auch genau zu wissen. Nicht zuletzt der von einem Teil der Muslime ausgehende Antisemitismus hat mörderische Aktionen gezeitigt, woran der Film ebenfalls erinnert hat: Das Attentat von Toulouse durch Mohammad Merah, der Anschlag auf das jüdische Museum in Brüssel, der Überfall auf einen jüdischen Supermarkt in Paris oder die Entführung und Peinigung Ilhan Halimis über einen Zeitraum von drei Wochen, bis man ihn bestialisch hinrichtete, sind nur einige schreckliche Beispiele der jüngeren Zeit.
Heute fühlen sich junge Juden in Frankreich nicht mehr sicher. Sie müssen ihre Identität verbergen und gewisse Viertel meiden. Rapper haben in Europa eine Subkultur hervorgebracht, die aus ihrem Hass auf Juden kein Hehl mehr macht. Linke, Libertäre und Rechte finden, dass die „Protokolle der Weisen von Zion“ eine Fälschung sein mögen, aber den Charakter der Juden doch irgendwie gut treffen.
Das alles kann Europa nicht gleichgültig sein, weswegen der Arte-Film sehenswert, wichtig und notwendig ist. Dass Arte ihn nicht ausstrahlen wollte, hat kaum nachvollziehbare Gründe: Die Recherche in Gaza, Israel und der Westbank diente, wie gesagt, dem Faktencheck von Behauptungen der BDS-Bewegung. Diese Vorgehensweise ist völlig plausibel.
Wenn die Verantwortlichen des Senders meinen, der Film müsse sich stärker auf Europa konzentrieren, warten wir gerne auf die nächste Arte-Dokumentation, die sich dem unter dem Deckmantel der Israelkritik versteckten Antisemitismus in Grossbritannien, Ungarn, Skandinavien, dem Baltikum oder Südeuropa widmet. Bis dahin wünschen wir dem Film, dass er breiteste Aufmerksamkeit erfährt.
Update 14.06.2017
Auf „Spiegel Online“ versteigt sich ein Kommentator zu der Behauptung, dass dem Film die Schurken „in den Schoss“ fielen, indem „ausnahmslos alle Araber“ schlecht wegkämen. Man fragt sich, welchen Film der Kommentator gesehen hat. In der Arte-Doku treten Palästinenser in Gaza überwiegend positiv in Erscheinung, indem einige doch selbst die Korruption unter dem Hamas-Regime beklagten und sogar, laut Filmemacher, bei ausgeschalteter Kamera sich direkt gegen die Hamas selbst äusserten. Ab ca. 40:30 ist das deutlich zu sehen:
https://youtu.be/S8zuk8QCXKs?t=40m25s
Vor allem die beiden englishsprechenden Studenten scheinen ziemlich klar im Kopf.: Ein Student spricht sich für die Zweitstaatenlösung aus, eine Studentin (mit rotem Kopftuch) spricht davon, dass für die Misere in Gaza „wir die Schuld bei uns selbst suchen müssen.“ Die Botschaft der Filmemacher lautet eben nicht: „Alle Palästinenser sind Extremisten und wer für sie eintritt, ist ein Antisemit“, sondern: „Die Palästinenser in Gaza leiden mehr unter der Hamas als unter Israel und wollen von BDS-Aktivisten nicht gerettet werden.“
Wenig überzeugend auch die Behauptung der „Spiegel“-Kommentators, die Entscheidung der Arte-Redaktion, den Film zurückzuhalten, könnte etwas damit zu tun haben, dass der Film einen unfertigen Eindruck mache, so z.B. bei der fehlenden Untertitelung arabischer Fernsehausschnitte. Tatsächlich dürfte die Untertitelung wohl kaum mehrere Wochen in Anspruch nehmen, zumal man dafür noch nicht einmal Arabischkenntnisse bräuchte, denn MEMRI, von dem die Ausschnitte stammen, untertitelt schon immer selbst, und zwar auf Englisch. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wahrscheinlich haben die Filmemacher die Postproduktion eingestellt, als sie erfuhren, dass die Arte-Redaktion Anstalten macht, den Film nicht zu zeigen.