Trumps Strategie

Trumps Politik sei erratisch, eine Strategie im Nahen Osten nicht erkennbar, er sei ein Präsident zum Fürchten. Egal welche Zeitung man aufblättert oder welchen Sender man einschaltet, alle Kommentatoren scheinen sich einig: Russland habe gesiegt, der Westen eine Niederlage erlitten. Was war geschehen?

„Trumps Strategie“ weiterlesen

Jerusalem und die selbstverschuldete Unmündigkeit

Der amerikanische Präsident Donald Trump will die Botschaft seines Landes von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen – genauer: in den Westen der Stadt – und wieder steht ein Teil der islamischen Welt Kopf. Die Reaktionen einzelner Empörter grenzen regelrecht an Hysterie, was nicht zuletzt für den türkischen Präsidenten Erdogan und seine Anhängerschaft auch in Deutschland gilt. Hierzulande erheben sich vor Unruhen in der islamischen Welt warnende Stimmen – und behalten recht.

Der islamische Fundamentalismus, der sich u.a. im öffentlichen Verbrennen der israelischen Flagge vor dem Brandenburger Tor manifestiert, wirft einmal mehr seine Schatten über den Westen. Dabei muss man zunächst einmal feststellen, dass der westliche Teil Jerusalems völkerrechtlich gar nicht strittig ist und Botschaften aus aller Welt nur deshalb nicht dort ansässig sind, weil der Ostteil der Stadt genau dies ist: völkerrechtlich umstritten.

Die israelische Knesset-Abgeordnete Einat Wilf argumentiert zu recht, dass dieser Zustand nicht nur unbefriedigend, sondern auch unlogisch ist. Warum soll westlich der Waffenstillsrandslinie, also auf einem Gebiet, das völkerrechtlich zu Israel gehört, keine ausländische Botschaft errichtet werden? Geht es nach dem Willen der internationalen Gemeinschaft, wird die Zukunft der Stadt allein über Verhandlungen entschieden.

Man sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass Jerusalem dauerhaft zu teilen den Konflikt nicht beseitigen, sondern ihn zementieren würde. Der Tempelberg lässt sich gar nicht teilen und wird – egal, was Verhandlungen eines sehr fernen Tages für ein Ergebnis befördern mögen – entweder unter israelischer oder palästinensischer Verwaltung stehen, de facto also entweder unter jüdischer oder muslimischer Oberhoheit.

Die Frage ist nur, welcher Seite die Stadt am ehesten für sich als Hauptstadt geltend machen darf und zwar ungeachtet irgendwelcher völkerrechtlicher Anforderungen, die es zu erfüllen gilt. Hier lassen sich allein historische Argumente ins Spiel bringen, denn dass die Stadt Heimat gleichermassen von Israelis wie von Palästinensern ist, kann ebenso wenig bestritten werden wie die Tatsache, dass sie als sprituelles Zentrum eine zentrale Bedeutung für Juden, Christen und Muslime hat (auch wenn Jerusalem nicht explizit im Koran genannt wird). Aber als politisches Symbol, nämlich als Hauptstadt eines eigenen Staates, geniesst Jerusalem für Israel einen Stellenwert, den es für die Palästinenser nie haben wird.

Die Empörung, die sich jetzt von muslimischer Seite bahn bricht, ist nämlich genau das: eine muslimische, keine nationale. Hier streiten weniger zwei Völker um dieselbe Stadt, als vielmehr ein Volk auf der einen und eine Zivilisation auf der anderen, die in weiten Teilen das Nationalstaatsmodell nie wirklich verinnerlicht hat und damit alle Islamapologeten Lügen straft, die behaupten, der Islam sei in seiner gegenwärtigen Form ohne weiteres mit säkularen Rechtsordnungen kompatibel.

In den islamischen Ländern nämlich konkurriert das Konzept der Nation mit dem der Gemeinschaft der Gläubigen, der Umma. Das musste schon der französische Hochkommissar für Syrien 1939 feststellen, dessen Konzept einer säkularen Gesellschaftsordnung auf den Widerstand der islamischen Gelehrten stiess, die nicht hinzunehmen bereit waren, dass Muslime fortan nur noch eine Gruppe unter Gruppen sein sollten, da sie doch mit der Nation (Umma) identisch seien.

Tatsächlich bildet der Nationalstaat aber das Grundmodell, auf dem moderne Demokratien aufbauen. Der britische Islamwissenschaftler Michael Cook weist in seinem Buch Ancient Religions, Modern Politics (2014) – das man übrigens nicht genug loben kann – darauf hin, dass in islamischen Ländern die muslimische Identität allgemein stärker ist als die staatsbürgerliche. Das hat Konsequenzen auch für den Streit um Jerusalem und damit den Nahostkonflikt.

Denn während man im Westen gerne glaubt, jener sei durch Verhandlungen, Infrastrukturprojekte, Wasserversorgung, Bildung und interkulturellen Dialog lösbar, denkt ein grosser Teil der Menschen in der Islamischen Welt ganz anders. Dort ist es populär, die Umma als einen Körper zu betrachten, der an seiner palästinensischen Wunde (al-ǧurḥ al-filasṭīnī) leidet, wie die Islamwissenschaftlerin Angelika Neuwirth gezeigt hat. Nicht um Ausgleich geht es, sondern darum, alle Abwehrkräfte gegen Israel zu sammeln.

Umso stärker glüht das Pathos. Wer sich z.B. in Syrien über Israel informieren will, findet kaum etwas anderes als Hetzpropaganda. Analog dazu verlaufen in islamischen Ländern Wahlkampagnen üblicherweise identitäts-, nicht sachorientiert, so der amerikanische Nahostspezialist Shadi Hamid, der jahrelange Feldforschung in diversen islamischen Ländern betrieben hat. Pläne, die Beschäftigung zu fördern und Armut zu bekämpfen, werden von den Wählern wenig honoriert. Am realen Palästina und daran, wie man die Lebensverhältnisse der Palästinenser verbessern kann, herrscht in der islamischen Welt wenig Interesse.

Die EU sollte, unter Wahrung völkerrechtlicher Gegebenheiten, darauf hinwirken, dass Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen Staat international anerkannt wird, und ansonsten die israelische Seite, wenn nötig, daran erinnern, dass die Palästinenser unter israelischer Jurisdiktion bei Infrastrukturprojekten nicht benachteiligt und keine Staatsbürger zweiter Klasse werden. Zu glauben, dass eine Teilung Jerusalems zu einem langfristigen Frieden führt, ist Wunschdenken. Letztlich wird es keinen echten Frieden geben, solange es der Islamischen Welt nicht gelingt, ihre selbstverschuldete Unmündigkeit zu überwinden.

Hundert Jahre Balfour Declaration

Ein Artikel in dem ägyptischen Journal al-Hilal vom 7. April 1914 berichtet, dass die Juden Palästina dominieren, indem sie die Ländereien auf gesetzlich legalem Wege gekauft haben. Die Juden setzen ihre Anstrengung daran, Ländereien in Palästina zu erwerben, wo immer es ihnen mit welchen Mitteln auch immer möglich ist durch die Hilfe der Zionistischen Weltorganisation. Muslime, Christen und andere Einheimische protestieren gegen den Landverkauf an die Juden, die dort ihre eigene Regierung innerhalb der osmanischen Regierung haben. Dazu gehören eine eigene Post und eine Zivilgerichtsbarkeit, heisst es in dem Artikel.

„Hundert Jahre Balfour Declaration“ weiterlesen

Ein Treffen in Jerusalem

Hätten die Briten den Mufti von Jerusalem vor achtzig Jahren auf die Seychellen deportiert, sähe die Welt heute anders aus, denn dann wäre der unter Führung des Muftis aufkeimende islamistische Terror nie zu einem globalen Phänomen geworden. Das ist eine starke These, die der Politikwissenschaftler Matthias Küntzel da aufstellt – und überaus fragwürdig. Beim Aufstieg des islamistischen Terrors sind noch andere Faktoren im Spiel, die zum Teil weit in die Geschichte zurückreichen, zum Teil jüngeren Datums sind.

„Ein Treffen in Jerusalem“ weiterlesen

Trump in Riad

Das war eine erstsaunliche Rede, die der amerikanische Präsident da gehalten hat: auf dem arabisch-islamisch-armerikanischen Gipfel in der saudischen Hauptstadt. Trump, und das ist die gute Nachricht, hat gezeigt, dass er lernfähig ist. Befürchtungen, er würde sich wie der sprichwörtliche Elefant im Prozellanladen aufführen, erwiesen sich als grundlos. Vielmehr hat Trump gezeigt, dass er auch Diplomatie kann.

„Trump in Riad“ weiterlesen

Lektionen aus Ramadi

Dass die USA heute wieder Ramadi bombardieren, ist auch deshalb so bemerkenswert, weil vor etwa zehn Jahren von dort aus der Kampf gegen al-Qaida begonnen hatte. Bis zur Vertreibung der Terrororganisation im März 2007 galt die Stadt als Zentrum dschihadistischer Gewalt. Dass Ramadi ein zweites Mal an die Dschihadisten, dieses Mal vom ISIS, fallen konnte, musste also hohe Symbolwirkung haben. Das hätte nie passieren dürfen.

„Lektionen aus Ramadi“ weiterlesen

Translate