Trumps Politik sei erratisch, eine Strategie im Nahen Osten nicht erkennbar, er sei ein Präsident zum Fürchten. Egal welche Zeitung man aufblättert oder welchen Sender man einschaltet, alle Kommentatoren scheinen sich einig: Russland habe gesiegt, der Westen eine Niederlage erlitten. Was war geschehen?
Trump hatte im Verein mit den Briten und Franzosen drei syrische Ziele angegriffen, die mit der Herstellung bzw. Lagerung von Giftgas in Verbindung gebracht werden. Tote gab es offenbar keine, die präzise ausgeführten Schläge haben zumindest bislang keine militärische Eskalation hervorgerufen. Trump hat nicht den Fehler begangen, sich auf unbestimmte Zeit und mit ungewissem Ausgang militärisch zu engagieren.
Die Strategie, die dahinter steckt, ist deutlich: Trump hat, und dies völlig zu recht, Iran als den entscheidenden Aggressor im Nahen Osten identifiziert, der in Syrien auf seinen lokalen Verbündeten Assad baut und mit Russland kooperiert. Dass der Iran nur eingedämmt werden kann, wenn man die Araber mit ins Boot holt, hat Trump vor knapp einem Jahr in Riad deutlich gemacht. Die aktuellen Reformanstrengungen des saudischen Kronprinzen Muhammad ibn Salman dürften damit zusammenhängen. Ob sie rein kosmetischer Natur sind, wird sich zeigen, ebenso, wie weit die Annäherung an Israel trägt.
Dass hierzulande Iran als Stabilitätsanker und seine Regierung als moderat wahrgenommen wird, ist das Verdienst der Iran-Lobby, die es schon längst in die Think Tanks, Universitäten und Medien geschafft hat. Sie haben die populäre Vorstellung in unseren Köpfen verankert, wonach es in Iran zwei politische Strömungen gebe: die Hardliner und die Reformer, und dass es im ureigenen Interesse des Westens liegen müsse, die Reformer zu unterstützen.
Dass die Mehrheit der iranischen Bevölkerung mehr will als ein paar Reformen innerhalb des herrschenden Systems, wird dabei ebenso ausgeblendet, wie die Tatsache, dass es substantielle Reformen in einer von Klerikern geführten Tugenddiktatur nicht geben kann. Als es Ende 2017 zu zahlreichen Erhebungen in Iran kam, lief die Iran-Lobby mächtig heiss und bemühte sich nach Kräften, die Ereignisse herunterzuspielen und den Schwarzen Peter Israel zuzuschanzen.
Ihr muss Trumps Vorgehen, den Einfluss Irans im Nahen Osten einzudämmen, zwangsläufig übel aufstossen. Hinzu kommt auf deutscher Seite eine generelle Skepsis gegenüber Militärschlägen, die sich freilich meist erst dann artikuliert, wenn die USA in irgendeiner Weise involviert sind. Den Vogel aber schiesst der „Zeit‟-Mann Bernd Ulrich ab, der mit Trump gleich den ganzen Westen als kollektiven Trottel dastehen liess.
Der amerikanische (eigentlich: amerikanisch-französisch-britische) Militärschlag sei „Isolationismus kombiniert mit globaler Schulhofschlägerei‟, befand Ulrich auf Phoenix (ca. 31:50). Hat sich schon einmal irgendjemand bei den Arabern entschuldigt, was der Westen in den letzten zehn, zwanzig Jahren gemacht hat?, fragte er und fuhr fort: Was wir heute in Syrien erleben, ist eine Spätfolge des Irakkrieges, der „kriminell“ war. Demgegenüber plädierte Ulrich für eine „postarrogante Politik‟.
Das kennen wir schon: Geschäfte mit dem Iran und Zuschauerrolle im Falle massenhafter Menschenrechtsverletzungen durch nahöstliche Regime. Das ist die „postarrogante Politik“ der Europäer. Bei der „Zeit“ glaubt man übrigens auch, dass Juden einst „arabisches Land“ besiedelt haben. Da wäre es wohl nur logisch, wenn sich der Westen gleich noch für die Existenz Israels entschuldigt.
Sicher, westliches militärisches Eingreifen im Nahen Osten ist überwiegend gescheitert und hat die Dinge teilweise noch schlimmer gemacht. Wir haben das auf diesem Blog ausführlich zur Sprache gebracht. Aber nicht einzugreifen ist eben auch keine Option. Dafür ist die Situation im Nahen Osten viel zu verfahren. Wichtig ist vielmehr, die Ziele militärischer Einsätzen präzise zu definieren und Zivilisten dabei nach Möglichkeit zu verschonen.
Das ist Trump aktuell gelungen – und dies schon zum dritten Mal. Hält irgendeiner der Kommentatoren das für erwähnenswert? Wir erinnern uns: Vor einem Jahr – Russland war ebenfalls vorab informiert worden – hatte Trump einen syrischen Militärflughafen angegriffen, ohne dass Zivilisten ums Leben gekommen wären. Das war auch ein klares Signal an Iran. Kurz darauf befahl er einen Schlag gegen Kämpfer des IS, die in Afghanistan ihr Unwesen trieben. Auch hierbei soll es keine zivilen Todesopfer gegeben haben.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Obama, der zum Gespött von Karikaturisten wurde, weil er immer neue rote Linien setzte, die dann jedesmal von seinen Widersachern übertreten wurden, hat Trump unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass rote Linien einzuhalten sind. Obama, dessen Politik dem weichen diplomatischen Ansatz, für den man sich in Europa so begeistert, sehr nahe gekommen war, hatte sein Scheitern erheblich an Autorität gekostet. Die Regierungen und Teheran, Moskau und Damaskus wissen jetzt aber, dass Trump Wort hält. Sie mögen grübeln, welche rote Linie er als nächste setzt.
Es ist leicht, sich über Trump lustig zu machen und ihn als Trottel darzustellen. Sicherlich ist er selbst daran nicht unschuldig, bedenkt man sein ungehobeltes, rüpelhaftes Verhalten, das er in der Vergangenheit an den Tag gelegt hat. Auch auf diesem Blog stand wenig schmeichelhaftes über ihn zu lesen. Aber die Befürchtungen, mit Trump werde ein Mann Präsident, dem die Zukunft des Westens gleichgültig ist, der kein Transatlantiker ist und für die NATO kein Verständnis aufbringt, haben sich nicht bestätigt.
Durchaus amüsant ist anzusehen, wie bei den Rechtskonservativen und Rechtspopulisten Trump in Ungnade gefallen ist. Hatte man ihn anfangs noch als Putin-Freund im Weissen Haus bejubelt und als Verfechter einer Abschottungspolitik gegen Muslime bewundert, so zeigt man sich jetzt von ihm enttäuscht. Tatsächlich, so scheint es, hat er ein paar grundlegende Dinge begriffen, was den Nahen Osten betrifft. Ob Trump seine Strategie durchhält und sie die iranische Expansion und Aggression einzudämmen imstande ist, wird man sehen. Aber auch nach einem Jahr scheint sie noch immer besser als die seiner Amtsvorgänger.