Gerade angesichts des zunehmenden Terrorismus, aber auch des wachsenden Populismus ist vermehrt die Rede davon, wie wir unsere liberalen und demokratischen Gesellschaftsordnungen angesichts des vordringenden Antiliberalismus verteidigen können.
Die Rolle der Religion in der Hausbildungen normativer Ordnungen ist nicht zuletzt deshalb Gegenstand zahlloser Untersuchungen und Symposien geworden. Dazu gehört nicht nur die Frage, was die westlichen Gesellschaften dem Christentum und Judentum zu verdanken haben, sondern auch die Rolle des Islam überall dort, wo er Geschichte und Gesellschaft massgeblich geprägt hat.
Religion und Politik markieren somit die Grenzen für ein kaum überschaubares Feld kulturgeschichtlicher Erscheinungen, die es in vergleichender Hinsicht ins Augen zu nehmen gilt, wenn es darum zu verstehen geht, warum sich die westlichen Gesellschaften so ganz anders entwickelt haben als die mehrheitlich islamischen.
Wann und wo hat diese Entzweiung stattgefunden? Wo liegen ihre Ursachen? Wie entstand im Wirkungsbereich der Westkirche eine Trennung von Politik und Religion, wie rechtsstaatliche oder demokratische Verhältnisse? In der Forschung werden diese Fragen überaus kontrovers diskutiert und vieles wird wohl noch lange strittig bleiben.
Hier haben wir es mit einem riesigen Feld zu tun, das in viele Einzeldisziplinen zersplittert ist, die häufig nicht mehr zueinander finden. Dabei ist es gerade die vergleichende Betrachtung, die Unterschiede in den Entwicklungen zutage treten lassen, wo wir sie gar nicht erwarten.
Erfreulich ist, dass seit etwa zehn Jahren die Chancen und Möglichkeiten der Ideengeschichte als wissenschaftlichem Genre wiederentdeckt werden, denn alle gesellschaftlichen Strömungen haben und hatten ihre Vordenkerinnen und Vordenker. Diese haben Entwicklungen und Stimmungen vorangetrieben, wurden zuweilen von diesen aber auch überrollt, sodass man ihrem Denken wie einem roten Faden durch die Geschichte folgen kann.
In meinem Buch Zwischen Religion und Politik habe ich – wie schon an anderer Stelle angesprochen – anhand verschiedener Schlüsselaspekte und im Lichte aktueller Forschungserkenntnisse auszuloten versucht, wie das, was wir Moderne nennen, zustande gekommen ist und warum die Islamische Welt offenbar nicht vollständig von ihr erfasst wurde. Den Abschluss bildet eine Betrachtung über die Zukunft des Liberalismus.
In der folgenden Serie werde ich jeden Freitag Auszüge dazu aus meinem Buch auf diesem Blog vorstellen. Jeden einzelnen Beitrag habe ich für das Web geringfügig überarbeitet und mit einer Einleitung versehen. Der besseren Lesbarkeit wegen habe ich die Referenzen (Endnoten) getilgt, die im Buch insgesamt etwa 176 Seiten einnehmen. Das sind 44 Prozent des Buches; es steckt eben sehr viel an Quellenarbeit darin.
Dabei ist das Buch keine rein historische Abhandlung, sondern widmet sich auch den verschiedenen Deutungsansätzen, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten populär geworden sind, darunter der Theorie der „multiple modernities‟. Im Buch selbst sind alle Kapitel so angelegt, dass jedes an das vorherige Kapitel anknüpft, was sich im Web, wo wir es mit einer Auswahl an Texten zu tun haben, natürlich anders liest, aber hoffentlich nicht weniger spannend.