Michael Kreutz: Zwischen Religion und Politik

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Das Verhältnis von Religion und Politik und beider Verhältnis zur Moderne ist nicht zuletzt durch die steigende Sichtbarkeit des Islam in den westlichen Ländern verstärkt Gegenstand einer Debatte geworden, die ganz unterschiedliche Aspekte berührt und neu aufrollt. Individualismus, Pluralismus, innerweltliche Askese und Diesseitsbejahung, Säkularismus und Rechtsstaatlichkeit stehen hierbei im Mittelpunkt. In meinem neuen Buch zeichne ich die Entstehung dieser Elemente nach und widme mich der Frage, warum sie in der islamischen, z.T. auch in der christlich-orthodoxen Welt nicht oder in nicht vergleichbarem Masse realisiert worden sind wie dies im Westen der Fall war.

Einfache Antworten gibt es aber keine, soviel darf verraten werden. Umso mehr habe ich mich darum bemüht, die Kontroverse abbilden, die die Erforschung der Moderne in ihren unterschiedlichen Aspekten begleitet und wie neue Hypothesen auf zum Teil weit auseinanderliegenden Feldern neue Impulse auch für andere Bereiche zu liefern vermögen. Als Beispiele seien hier nur die Menschenrechte, die Frage nach der Kontingenz der Geschichte, die Debatte um das Wesen der Religion und die These von der Ambiguitätstoleranz der islamischen Kultur genannt. Dabei zeige ich, warum es unterschiedliche Wege in die Moderne geben mag, aber keine multiple Moderne.

Wer sich mit dem Verhältnis von Religion und Politik befasst, muss bei den Imperien beginnen, in deren Umfeld nicht nur die monotheistischen Religionen entstanden und von denen sie in der einen oder anderen Weise geprägt sind. Auch Strömungen wie die Gnosis muss unsere Aufmerksamkeit gelten, wie wir überhaupt in vielem von der Späantike geprägt sind. Hier zeichnen sich schon erste Unterschiede zwischen Ost und West ab und begründet sich eine Pfadabhängigkeit, die grundlegend sein wird für das Verständnis der Gegenwart und überhaupt dessen, was wir die Neuzeit nennen.

BuchMK_4kachelErnst Troeltsch hat im Erscheinen des Politischen die massgebliche Zäsur gesehen, anhand derer sich der Beginn der Neuzeit sinnvollerweise auf das 15. Jahrhundert datieren lässt. Vor allem in England war ein gegen Kirche und Imperium gerichteter Militär- und Beamtenstaat entstanden, der den Anfang einer Entwicklung markiert, die in Englischer Revolution und Aufklärung ihre Höhepunkte fand. Beide, Aufklärung wie rationaler Staat, bildeten nunmehr die „dauernde kritische Unterlage des modernen Lebens‟, wie Troeltsch urteilt.

Für den Philosophen Hans Blumenberg war die Neuzeit das Ergebnis eines singulären Spannungsverhältnisses von „Herausforderung und Selbstbehauptung‟, die ebensowenig als blosse Wiederbelebung der griechischen Antike durch die Renaissance begriffen werden könne, wie das Mittelalter als eine verlorene Epoche innerhalb eines grösseren Kontinuums. Im Diskurs über die Beschaffenheit des Kosmos, der sich vor dem Hintergrund einer gescheiterten Scholastik entfaltete, hatte sich die frühe Neuzeit als „zweite Überwindung der Gnosis‟ (H. Blumenberg) etabliert.

Die Islamische Welt hadert mit vielen der Errungenschaften, die für die Neuzeit kennzeichnend sind. Augenscheinlich hat sie Mühe, aus eigenen Ressourcen Rechtsstaatlichkeit, individuelle Freiheit und Wohlstand zur Entfaltung zu bringen, sodass sie in einer Dauerkrise gefangen scheint, die mal deutlicher, mal weniger deutlich zutage tritt. Inwieweit dies der Religion selbst geschuldet ist oder externe Ursachen hat, versuche ich in meinem Buch zu beleuchten.

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Dazu habe ich Quellen in ganz unterschiedlichen Sprachen konsultiert, darunter arabische, gibt es doch in der arabischen Welt genügend Ansätze, das Verhältnis der Religion zum Staat oder zur Gewalt zu klären, ohne dass sie im Westen die Chance hätten, diskutiert zu werden: Die Islamwissenschaftler interessieren sich eher für historische Quellen und diejenigen, die Interesse an aktueller arabischsprachiger Publizistik zum Thema hätten, finden sprachlich keinen Zugang.

Den Westen stelle ich dabei keineswegs als leuchtendes Gegenbeispiel dar, sondern thematisiere auch die Rückschläge und Entfremdungen von der Moderne, deren Entwicklung als alles andere als linear verlaufen ist, vielmehr in verschlungenen Pfaden seinen Weg genommen hat. Den Abschluss den Buches bietet ein Ausblick auf die Zukunft des Liberalismus. „Das ist ein riesiges Feld, das Sie ansprechen; mit entsprechend vielen Positionen legen Sie sich an“ hat es ein fachkundiger Leser, selbst Religionswissenschaftler, sehr trefflich formuliert. Das Buch

ZWISCHEN RELIGION UND POLITIK: DIE VERSCHLUNGENEN PFADE DER MODERNE hat einen Umfang von 400 Seiten und ist jetzt zum Preis von € 29,00 im Buchhandel erhältlich.

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Auf bestem Papier gedruckt, in einem edlen Einband mit Fadenheftung und Kapitalbändchen, sowie einem Schutzumschlag mit Glanzkaschierung versehen, bildet es auch optisch und haptisch ein Vergnügen. Ein Inhaltsverzeichnis finden Sie hier. Über eine gewogene Leserschaft würde ich mich freuen.

(Hinweis für Buchhändler: Sie können das Buch leicht über KNV beziehen.)

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