Der Koalition aus SPD, Grünen und FDP wurde schon viele Male das vorzeitige Ende prophezeit und niemand in diesem Land schien sie so richtig zu lieben. Dauernd lass man vom „Ampel“-Streit, vom „Ampel“-Zoff oder vom Knirschen in der „Ampel“. Doch man täusche sich nicht, gerade wenn man mit beiden Beinen im bürgerlichen Lager steht: Alles, was nach der Koalition kommt, wird schlechter sein.
Keine Frage, die Bilanz der „Ampel“-Koaltion ist alles andere als glänzend. Die Wirtschaft steht miserabel da und es sieht nicht danach aus, ob hier eine baldige Gesundung erfolgt. Auch auf anderen Gebieten wie Energie, Gesundheit, Verkehr, Umwelt oder Bildung hat die Regierung nicht viel bewegen können. Der Bürokratieabbau ist kaum vorangekommen, während die Sozialausgaben weiter steigen. Derweil kommen aus dem grün geführten Wirtschaftsministerium Vorschläge für Subventionsorgien und will die SPD die Steuern erhöhen.
Es gab keinen Grund, mit der Leistung der Regierung besonders zufrieden sein. Dennoch war die „Ampel “ nicht das schlechteste, was Deutschland passieren konnte. Machen wir uns nichts vor: Aus bürgerlicher Sicht wäre eine schwarz-gelbe Koaltion, also eine aus CDU/ CSU und FDP, das beste. Es wird sie aber nicht geben, denn bei den nächsten Wahlen wird es die FDP möglicherweise nicht mehr in den Bundestag schaffen. Dann bekommen wir entweder
Schwarz-Rot, also CDU und SPD. Diese Konstellation, auch „Grosse Kaolation“ genannt, haben wir unter Kanzlerin Angela Merkel gehabt und steht vor allem für Stillstand, der durch billige Energie aus Russland lediglich kaschiert wurde. Oder
Schwarz-Ggrün. Gewisse Ministerpräsidenten CDU-geführter Länder liebäugeln bereits damit. Glaubt irgendjemand, dass diese Koalition besser wird als die jetzige „Ampel“? Oder
Schwarz-Rot-Grün. Das wäre eine Neuauflage der „Ampel“-Koaltion, in der die CDU die FDP ablöst. Was soll das bringen? Oder
Rot-Grün. Das wäre dann die „Ampel“ ohne FDP. Mehr Umverteilung, mehr Staat, weniger Wohlstand.
Und das sind noch vergleichsweise optimistische Szenarien. Im pessimistischen Szenario gewinnen die extremen Parteien BSW und AfD auch auf Bundesebene massiv hinzu, sodass das ganze Land unregierbar würde. Wir müssen es einsehen: Eine bürgerliche Mehrheit ist auf absehbare Sicht nicht zu erreichen. So unbeliebt die „Ampel“ auch war, eines Tages könnte sie uns als das geringere Ãœbel erscheinen gegenüber allem, was nach ihr kommen sollte.
Die Koalition implodierte, als sich FDP und SPD in der Haushaltsfrage überwarfen. In der Tat ist der vorbereitete Haushaltsentwurf für das kommende Jahr ein verfassungsrechtlicher Balanceakt, der schon vor langem Fragen aufwarf. Dass Lindner als Finanzminister nicht mitmachen wollte, ist angesichts der Schuldenbremse, die im Grundgesetz verankert ist, zwar verständlich. Doch ist die Schuldenbremse nicht sakrosankt und vor dem Hintergrund der „Zeitenwende“, also einer Modernisierung der Bundeswehr bei gleichzeitiger Unterstützung der Ukraine, in ihrer jetzigen Form zu hinterfragen.
Haushalt in der Ära der „Zeitenwende“
Die Schuldenbremse ist keineswegs von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes konzipiert worden, sondern das späte Produkt der Finanzkrise vor fünfzehn Jahren und existiert als solches erst seit 2009. Damals herrschte in Deutschland die Grosse Koalition, während die FDP der Schuldenbremse die Zustimmung verweigerte, weil ihr der Gesetzesentwurf nicht strikt genung war. Damit hat sich die FDP aber selbst in einer Sackgasse manövriert. Denn die 100 Mrd. Euro Sondervermögen für die Bundeswehr werden wohl bei weitem nicht reichen.
Indem die FDP sich als Hüterin der Schuldenbremse geriert, hat sie sich aus der Koalition verabschiedet. Kann sein, dass sie damit bei ihren Anhängern Boden wiedergutgemacht hat, es kann aber ebenso gut sein, dass sie damit noch mehr Anhänger verliert, denn eine Aufweichung der Verschuldungsgrenze zugunsten der militärischen Sicherheit des Landes sollte als Option nicht grundsätzlich verworfen werden. Wenn CDU-Chef Merz verkündet, eine von ihm geführte Regierung könne die Verteidigungsausgaben aus dem laufenden Haushalt finanzieren, ist das ein Versprechen, das er möglicherweise nicht wird halten können.
Was aber wäre, wenn die FDP doch noch den Einzug in de Bundestag schafft und Mitglied der Regierung würde? In dem Fall bekämen wir entweder Schwarz-Rot-Gelb oder Schwarz-Grün-Gelb. In beiden Fällen wäre es die jeweilige linke Partei in der Koalition, also die SPD bzw. die Grünen, gegen die die bürgerlichen Koalitionspartner ihre Vorschläge durchsetzen müssten. Hier wären jede Menge Querelen zu erwarten und abermals ein vorzeitiges Ende der Regierung wahrscheinlich.
Die antiliberale Internationale wird es freuen. Der Bruch der Koalition über den Haushalt, der vor dem Hintergrund des russischen Krieges in der Ukraine überhaupt erst zum Streitobjekt wurde, ist für Putin jetzt schon ein Triumph.
Nachtrag 9. November 2024
„Zerbrochen ist die Koalition daran, dass der Kanzler vor der nächsten Bundestagswahl aus dem engen finanzpolitischen Korsett ausbrechen wollte“ schreibt die FAS von morgen. Dabei habe die Ampelkoalition einige Erfolge in der Sanierung der Staatsfinanzen vorzuweisen.
Der Ökonom Tom Krebs kritisiert im Interview mit n-tv, dass Lindner die Schuldenbremse falsch intepretiere: „Das Aussetzen der Schuldenbremse ist möglich und auch im Grundgesetz vorgesehen, solange es vernünftig begründet ist. Argumente für eine Notlage gibt es allein mit den unvorhersehbaren Ausgaben für den Ukraine-Krieg (…)“