Dokument JW v DOD / State 14-812

Im Irak kämpfen die USA gegen zwei Feinde: den Islamismus. Und den Islamismus. Der eine ist sunnitischer, der andere schiitischer Prägung. Letzterer hat seine Zentrale in Teheran, während der Islamismus sunnitischer Prägung in mehrere, sich zum Teil bekämpfende Gruppierungen zerfallen ist. Keine leichte Situation für den Westen – Ordnung und Stabilität werden im Irak (von Syrien ganz zu schweigen) noch lange auf sich warten lassen.

Dafür gibt es im Westen die Abt. Spott & Häme, die auf alles, was Amerika im Nahen Osten macht, mit Verachtung oder Schadenfreude reagiert, ohne irgendeinen auch nur halbwegs konstruktiven Lösungsvorschlag anzubieten, wie man den Nahen Osten stabilisieren kann. Abzug kann aber kaum die Lösung sein, sonst wäre Ramadi, das schon einmal von Islamisten (Abt. al-Qaida) befreit worden war, nicht erneut von Islamisten (Abt. ISIS) eingenommen worden.

Passenderweise macht nun im Internet ein Dokument die Runde, das zu beweisen scheint, dass nun ausgerechnet die USA schuld tragen am Aufstieg des ISIS. Dabei handelt es sich um ein mutmasslich vom August 2012 stammendes Dokument des amerikanischen Verteidigungsministeriums, das intern vor der Gefahr warnt (S. 291), Dschihadisten in Syrien und dem Irak könnten sich im Grenzgebiet zusammenschliessen und einen islamischen Staat ausrufen.

Hat der Westen also den islamischen Staat selbst gewollt, wie manche zu wissen glauben? Die Wahrheit ist: Geht der Westen, allen voran die USA, gegen die sunnitischen Extremisten vor, wird Teheran profitieren; geht er gegen Teheran vor, werden davon möglicherweise sunnitische Gruppen wie al-Qaida und ISIS profitieren. Dieses Dilemma spiegelt sich in besagtem Dokument wieder.

Die Regierung Obama mag für viele falsche Entscheidungen verantwortlich sein, die man allesamt kritisieren kann. Die USA jedoch als tollpatschigen Riesen darzustellen, der auch noch die Terrororganisationen heranzüchtet, die er selbst bekämpft, und dies anhand eines Dokuments, das deutlich als “not finally evaluated” gekennzeichnet ist, hat mit konstruktiver Kritik soviel zu tun wie U-Bahn-Graffiti mit einem Gemälde von Miró.

Nebenbei: Dieselbe Website, die besagtes Dokument veröffentlicht hat, hat auch einen Bericht auf Lager, aus dem hervorgeht, das von der Regierung Obama freigelassene Guantanamo-Gefangene als Gefährder eingestuft werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit neue Terrorakte begehen werden. Was hat die Abt. Spott & Häme dazu zu sagen?

Autor: Michael Kreutz

Orientalist und Politologe.

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