Wenn ich Grieche wäre

Wenn ich Grieche wäre, würde ich auf die Slowakei blicken. Die ehemals kommunistische Slowakei hatte von 2004 bis 2013 eine Flat Tax eingerichtet, dank derer das Land heute über eine Automobilzulieferindustrie verfügt und nicht von externen Rettungspaketen abhängig ist. Warum ist Griechenland nicht diesen Weg gegangen?

Wenn ich Grieche wäre, würde ich nach Estland schauen. In nur zwei Dekaden hat das ehemalige kommunistische Land es vermocht, sich zu einem Weltmarktführer in Sachen Technologie zu mausern. Möglich gemacht haben das eine reformierte Steuerpolitik und die forcierte Integration moderner Kommunikationstechnologie in den Alltag. Warum ist Griechenland nicht diesen Weg gegangen?

Wenn ich Grieche wäre, würde ich nach Rumänien blicken. Das ehemals kommunistische Land hat es geschafft, seinem traditionsreichen, aber kaum wettbewerbsfähigen Automobilhersteller Dacia, neues Leben einzuhauchen, seitdem Renault das Werk übernommen hat. Während andere Ostmarken wie Trabant und Wartburg verschwunden sind, hat Dacia sich auf dem europäischen Markt behaupten können. Warum ist Griechenland nicht diesen Weg gegangen?

Wenn ich Grieche wäre, würde ich nach Südkorea blicken. Noch in den sechziger Jahren war Südkorea ein Agrarstaat und ärmer als sein Nachbar im Norden. Heute ist das Land eines der Weltmarktführer in Sachen Technologie, vor allem auf dem Gebiet der Smartphones. Kaum zu glauben, dass Samsung einmal als Fischhändler begonnen hat. Warum ist Griechenland nicht diesen Weg gegangen?

Wenn ich Grieche wäre, würde ich nach Israel blicken. Das kleine Land auf der gegenüberliegenden Seite des Mittelmeeres verfügt über eine quirlige Startup-Szene und ist ein in jeder Hinsicht ein technikverliebtes und innovatives Land. Warum ist Griechenland nicht diesen Weg gegangen?

Der Aufstieg all dieser Länder wurde nur möglich, weil eine heimische Elite die dafür nötigen Weichen gestellt hat. In Griechenland gibt es keine solche Elite. Das Land wird beherrscht von einem alles durchdringenden Klientelismus, wobei jeder Gruppe die eigenen Pfründen wichtiger sind als die Frage, wie man das Land voranbringen kann.

Selbst griechische Olivenbauern verkaufen, um schnellen Umsatz zu generieren, lieber massenhaft zu Schleuderpreisen an italienische Firmen, die das Olivenöl dann als italienisches Produkt auf den europäischen Markt bringen. Sie selbst fahren ihre Gewinne dank Staats- und EU-Beihilfen ein, in neue Technologien investiert wird nicht.

Wenn ich Grieche wäre, würde ich sagen: Was das Land mehr als alles andere braucht, ist ein Mentalitätswechsel.

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