Mehr Pluralismus wagen!

Neulich widmete sich ein Fernsehbeitrag der “geheimen Welt der Superreichen” und “super” und “geheim” in einem Zusammenhang machen natürlich neugierig. Was dann kam, war die gewohnte Einseitigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, wenn es um ökonomiscche Themen geht.

Luxuslimousine in Erfurt

Die Stossrichtung war klar: Reichtum, vor allem sehr grosser, ist obszön. Der ursprüngliche Titel der Sendung lautete wohl “Auf den Spuren der Superreichen”, aber “geheime Welt” klingt natürlich besser. Da denkt man gleich an Ausschweifung und Masslosigkeit hinter verschlossenen Türen und überhaupt an Menschen, die etwas zu verbergen haben, denn sonst würden sie doch wohl keine Existenz im Geheimen führen.

Folglich kamen in der 3Sat-Sendung “kulturzeit” die üblichen Verdächtigen zu Wort: Die linke Journalistin Julia Friedrichs und der linke Wirtschaftshistoriker Adam Tooze – und Tooze ist es, der die grosse Nachricht verkünden darf, dass wir nämlich grundstürzende Veränderungen bräuchten, wenn es um die Art geht, wie wir wirtschaften.

Damit ist dann auch gleich schon der Schwenk vollzogen zur “Berlin Summit Declaration”, deren Unterzeichner für einen etatistischen Umbau des deutschen Staates eintreten. Begriffe wie “Sozialismus” oder “Kommunismus” werden wohlweislich vermieden, klingen sie doch bestenfalls muffig und schlimmstenfalls nach Gulag.

Zu den Unterzeichnern der “Berlin Summit Declaration” gehört neben Tooze auch der Ökonom Thomas Piketty, dessen Thesen ebenso radikal wie fragwürdig, wenn nicht gänzlich unhaltbar sind, der aber unverdrossen für eine radikale Umverteilung von Wohlstand und damit für eine Politik wirbt, die in Ländern wie Venezuela der Wirtschaft einen verheerenden Schaden zugefügt hat.

Etatistische Vorstellungen werden von “kulturzeit” einfach durchgereicht

Wenig überraschend auch, in der Liste der Unterzeichnenden Maja Göpel zu finden. Göpel versucht seit längerem, ihre etatistischen Vorstellungen als “Liberalismus 2.0” zu verkaufen, und dies durchaus mit Erfolg. Die der FDP nahestehende Friedrich Naumann-Stiftung ist schon darauf hereingefallen. Doch in der “kulturzeit” findet sich kein kritisches Wort darüber. Dass die Wirtschaft radikal geändert werden müsse, wird als gegeben vorausgesetzt.

Dabei erwarte ich gar nicht, dass man Leute wie Friedrichs oder Tooze oder Göpel ignoriert. Als Buchautoren, die auf dem freien Buchmarkt reüssieren, geniessen sie einen hohen Marktwert, sodass “kulturzeit” ihnen zu recht eine Plattform bietet. Aber warum lässt man keine Gegenstimmen zu Wort kommen? Warum interviewt man nicht zur Abwechslung jemanden wie den Reichtumsforscher Rainer Zitelmann oder den Ökonomen Jan Schnellenbach und bietet dem Zuschauer eine zweite Perspektive?

Woher kommt diese Angst vor dem Pluralismus? In der Redaktion von “kulturzeit”, einem durchaus sehenswerten Format, sollte man soviel Mut aufbringen, mehr als nur eine Sichtweise vorzustellen, wenn es um ökonomische Themen geht. Dies ist qua Programmauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender geboten, sollte sich aber auch von selbst verstehen. Also, liebe “kulturzeit”-Redaktion, habt keine Angst vor der Meinungsvielfalt. Sie wird euch schon nicht umbringen.

Autor: Michael Kreutz

Orientalist und Politologe.

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