Es scheint ein grosser Wurf zu sein, den der amerikanische Präsident Trump in Washington ausgearbeitet hat: Die Ukraine braucht nur auf Teile ihres Territoriums zu verzichten, dann ist der Krieg vorbei und eine Sicherheitsgarantie gibt es zur Versüssung obendrein. Ohnehin wird es der Ukraine kaum jemals gelingen, die Krim und den Donbass zurückzuerobern. Oder nicht?
Doch einmal abgesehen von der Tatsache, dass damit der Aggressor belohnt wird und die ukrainische Regierung gegen die eigene Verfassung verstiesse, gäbe sie eigenes Territorium ab, stellen sich ganz andere Fragen: Wie lange soll die Sicherheitsgarantie eigentlich dauern? Und wer soll sie übernehmen? Die Amerikaner jedenfalls nicht, soviel ist klar. Bleiben nur europäische Truppen.
Da eine NATO-Mitgliedschaft ausgeschlossen sein soll, wird die Antwort also wohl kaum “unbegrenzt» lauten. Wie lange also: zehn Jahre? Zwanzig Jahre? Oder doch nur fünf Jahre? Auf jeden Fall liegt der Ball jetzt im Feld der Ukraine bzw. Europas. Dabei wäre den faulen Trump-Deal abzulehnen, eigentlich das Beste. Doch dann stehen die Ukraine und Europa als Kriegstreiber da.
Der Trump-Gipfel ist eine absurde Show
Sie sind dann diejenigen, die den Frieden abgelehnt haben, den sie so billig von Russland hätten bekommen können, dass sich dann leider gezwungen sieht, weiterzukämpfen. So wird es die russische Propaganda darstellen und so wird ein Grossteil der weltweiten Öffentlichkeit es sehen. Sollte die Ukraine – gegebenenfalls nach einem Referendum – den Deal jedoch akzeptieren, bekommt sie im Gegenzug eigentlich gar nichts.
Ohnehin ist der Trump-Gipfel in Washington eine absurde Show. Putin könnte den Krieg sofort beenden, indem er seine Aggression stoppt und auch Trump könnte den Krieg relativ schnell beenden, indem er ankündigt, der Ukraine solange wie nötig beizustehen, denn dann würde man sich im Kreml sehr gut überlegen, ob die fortgesetzte Aggression noch einen Sinn hat.
Die Europäer hätten denn auch besser daran getan, noch vor dem Treffen von Trump und Putin in Alaska einen Gegen-Gipfel zu organisieren, um eine militärische Unterstützung der Ukraine zu signalisieren. Doch da sie teilweise über Jahrzehnte ihre militärischen Fähigkeiten vernachlässigt haben, wissen wie, wie schwierig es wird, Amerika zu ersetzen, wenn dieses seine Militärhilfen für die Ukraine aussetzen sollte.

Somit scheint es ausgemachte Sache, dass die Ukraine aufgeteilt wird, während allein die Europäer den Frieden sichern dürfen. Die USA jedenfalls werden keine Sicherungstruppen schicken. Derweil wird das Putin-Regime seinen neuen Freunden im Weissen Haus anbieten, amerikanischen Firmen Konzessionen zu geben für eine Ausbeutung der Bodenschätze des neuerworbenen Territoriums.
Indem Putins Aussenminister Lawrow in Alaska mit einem T-Shirt gesichtet wurde, auf dem das Kürzel “UdSSR” zu lesen war, liess das Moskauer Regime keinen Zweifel daran, welche Sichtweise es auf die Ukraine hat. Eine Aufteilung der Ukraine wäre eine maximale Demütigung Europas zugunsten eines Friedens, von dem niemand weiss, ob er länger als zehn Jahre dauern wird. Denn natürlich wird Putins Hunger vorläufig gestillt sein.
An dieser Stelle sei noch einmal darin erinnert, womit wir es bei dem Putin-Regime zu tun haben:
- Es erklärt keinem Land den Krieg, sondern lässt Soldaten ohne Hoheitsabzeichen aufmarschieren, von denen gewusst zu haben es leugnet;
- es verheizt junge, zum Teil mit brutalen Methoden zwangsrekrutierte russische Männer zu hunderttausenden in einem Krieg, dessen Existenz es zynischerweise leugnet;
- es tötet Regimekritiker selbst im Ausland, leugnet jedoch jegliche Verantwortung;
- als Teil hybrider Kriegsführung sabotiert es westliche Infrastruktur wie z. B. Unterseekabel;
- es errichtet in den besetzten Gebieten ein wahres Schreckensregime und entführt sogar ukrainische Kinder von ihren Eltern, um sie zu Russen zu erziehen.
In Deutschland und Europa jubeln nur die extreme Linke und Rechte: Beide wollen die Abschaffung des Nationalstaats und die Welt in geopolitische Grossräume zerfallen lassen. Mit einer Aufteilung der Ukraine würde eine sogenannte multipolare Welt greifbar, Chiffre für eine globale Vorherrschaft des Antiliberalismus und des Rechts des Stärkeren.
Die Parteien der politischen Ränder werden sich als Antikriegsparteien inszenieren
Sollte jedoch eine von Trump eingefädelte Aufteilung der Ukraine scheitern, werden sich Die Linke, AfD und BSW als Antikriegsparteien inszenieren und so werden wir wohl beim nächsten Bundestagswahlkampf Parolen erleben wie «Merz will Krieg, wir wollen Frieden» oder «Schluss mit dem NATO-Imperialismus» oder «Gegen den deutschen Militarismus, für Frieden und soziale Gerechtigkeit«.
In jedem Falle erleben wir eine Schwächung des Westens, weil ein Mann im Weissen Haus es so will, während im Kreml die Krimsektkorken knallen. Wenn Trump nicht endlich einsieht, dass Putin nur der hundertprozentige Sieg interessiert, ihm nicht zu trauen ist und die USA der Ukraine militärisch beistehen müssen, dann wird das Schicksal des Westens, wie wir ihn kannten, besiegelt sein.
Nachtrag 27. August 2025
Der Publizist Richard Herzinger kritisiert auf seinem Blog: «Dass die Ukraine dem Aggressor gegenüber ‚Konzessionen‘ in Form von Gebietsabtretungen machen müsse, gilt nun auch in Europa allgemein bereits als ausgemachte Sache.» Indem er von Putin gar keine Gegenleistungen mehr erwarte, mache sich Trump zu dessen willigem Komplizen. Herzinger appelliert an die Europäer, die Ukraine zu unterstützen und sich nicht auf einen faulen Handel mit Putin einzulassen.
