Kriegstagebuch Aleppo (4)

Heute ist der Strom in der ganzen Stadt ausgefallen. Handy- und Telefonverbindungen sind unterbrochen. In einigen Teilen funktionieren sie einige Minuten am Tag.

Brot ist nicht erhätllich, zumal der Kilopreis auf 200 syrische Lira (etwa 2 Euro – M.K.) angestiegen ist, d.h. etwa 5 türkische Lira, was etwa 2,5 Dollar sind.

Ein Arzt hat mir erzählt, dass in den letzten drei Tagen die Krankenhäuser, darunter das Averroes- und das Salam-Krankenhaus, nicht mehr mit Diesel versorgt wurden, sodass es bald womöglich noch mehr Tote geben wird, besonders in kritischen Situationen, und zwar aus Treibstoffmangel.

In der Nacht gab es stundenlange Scharmützel, die bis zum frühen Morgen andauerten. Es war eine kalte Nacht ohne Strom. Frühmorgens begannen viele Leute den Sturm auf die Bäume, um sie zu fällen, damit sie selbst heizen und kochen können.

Die Preise für Brennstoffe sind immer noch nicht normal und diese ausserdem kaum zu bekommen. Natürlich bedeutet ein Steigen der Preise für Brennstoff auch, dass der öffentliche Verkehr teurer wird.

Leider haben manche Leute eine Neigung zum Atheismus entwickelt und einige von ihnen bekennen sich offen dazu. Ich hoffe, dass die internationale oder die islamische Gemeinschaft [sagen kann, dass sie] nicht in der Lage war, etwas zu tun. Nur Wodka hat man uns gegeben, damit die Menschen nicht vor Kälte sterben und damit sie die Hände von den Parks lassen.

Der neue Slogan der Revolution lautet:

„Gott – Syrien – Wodka“ und basta!

Aleppo, 10.12.2012

(Aus dem Arabischen von Michael Kreutz)

Autor: Muhammad H. (Gastautor)

Muhammad H. ist ein syrischer Exilant, der vor dem Krieg aus seiner syrischen Heimat in die Türkei geflüchtet ist. Er arbeitet heute in einer Künstlerkolonie im südtürkischen Kilis, von wo aus er die Ereignisse in Syrien ebenso wie die Stimmung in der syrischen Exilgemeinde verfolgt. Vor seinen "Mitteilungen aus Kilis" schrieb er für die transatlantic annotations das "Kriegstagebuch Aleppo".

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