Ein Reformer bewundert Khomeini

Dass die Mehrheit der iranischen Bevölkerung Dissidenten sind, hat sich im Westen noch immer nicht herumgesprochen. Die Reformer sind eben keine Alternative zu den Hardlinern, wie sich oft genug gezeigt hat. Sie sind eher so etwas wie die Blockparteien in der untergegangenen DDR.

Soroush über Khomeini

Eine Ikone der Reformer ist der schon lange im Ausland lebende Abdolkarim Soroush, ein Religionsphilosoph, der durchaus vernünftige Positionen vertritt. Zumindest tat er dies bislang. Im Gespräch mit dem reformorientierten iranischen Webdienst “Mashregh News” gab Soroush ganz andere Dinge von sich.

“Wenn wir annehmen, dass wir uns zwischen dem Schah und Khomeini entscheiden müssten, wir unsere Wahl allein zwischen dem Schah oder Khomeini treffen müssten, würde ich zu einhundert Prozent Khomeini wählen, weil Khomeini der populärste Führer war, den das Land je hatte.

In der Geschichte des Iran haben wir keinen Führer gehabt, der bei den Menschen so beliebt gewesen wäre. Nicht nur der Schah, auch seine Ahnen haben von solcher Popularität geträumt. (…) Khomeini war bis heute der gebildetste Führer dieses Landes; von den Anfängen der Achämenidenherrschaft bis zur Gegenwart konnte niemand mit ihm an Wissen Schritt halten.

Warum? Weil er ein erstklassiger Gelehrter war, weil er in Mystik versiert war, weil er die Philosophie kannte. Was war der Schah vor Khomeini? Ein junger Zwanzigjähriger, der in der Schweiz aufwuchs, in den Iran kam und Schah wurde. (…) In unserer Geschichte gab Khomeini in der Tat ein hervorragendes Beispiel für Regierungsführung ab. Khomeini hatte eine gute Bilanz.”

Wurde Soroush erpresst, so zu reden? Das ist unwahrscheinlich, denn seine Worte fielen in Kalifornien, ausserhalb des Einflussbereiches des iranischen Regimes. Nein, hier zeigt sich einmal mehr: Die Reformer sind keine Alternative zum herrschenden System und werden zu recht von der Mehrheit der Iraner mit Verachtung gestraft: Sie gelten schon lange als “verbrannte Figuren.”


Abb. (c) Mashregh News

Autor: Michael Kreutz

Orientalist und Politologe.

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