Ein Artikel in der „Welt“ widmet sich den historischen Hintergründen des Romans „Grünmantel“, dessen Protagonist im Mittelpunkt auch der „39 Stufen“, eines Filmes von Alfred Hitchcock steht. Der Film wurde von Hitchcock unter dem Titel „Der unsichtbare Dritte“ noch einmal neu verfilmt, jedenfalls sind der Stoff und selbst einige Szenen identisch, man denke hier nur an diejenige im Auktionssaal, wohin der Held sich zwischenzeitlich flüchtet, oder die Schlussszene, die in den „39 Stufen“ auf einem Gebirgsplateau spielt, im „Unsichtbaren Dritten“ auf dem Mt. Rushmore. Doch das nur am Rande.
Was uns hier mehr interessieren soll, sind – wie schon angedeutet – die historischen Hintergründe, haben die Deutschen doch nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs allen Ernstes versucht, die Muslime des Nahen Ostens zum Dschihad gegen die Briten aufzuwiegeln. Dieser Plan stammte von dem Orientalisten Max von Oppenheim und genoss die Unterstützung durch keinen geringeren als Kaiser WIlhelm II. Soweit der lesenswerte Artikel von Hannes Stein in der „Welt“.
Bleibt nur hinzuzufügen, dass das Vorhaben mit Zustimmung der osmanischen Regierung ins Werk gesetzt wurde, die ihrerseits darin die Möglichkeit sahen, den Briten wegen der Dardanellen-Operation eins auszuwischen, was dem britischen Aussenministerium nicht lange verborgen blieb. Ebensowenig blieb diesem verborgen, was die Deutschen sonst noch so trieben, z.B. im Maghreb. Dort nämlich versuchte der deutsche Offizier Dr. Otto Mannesmann im Auftrag der deutschen Regierung, ganz Nordafrika aufzurollen, angeführt von Muhammad Idris, den Führer der Sanusi-Bruderschaft.
Zuvor schon hatte der ehemalige libysche Abgeordnete im osmanischen Parlament, Sulayman al-Baruni, beim deutschen Kaiser Wilhelm II. um Unterstützung für einen eigenen Staat geworben. Bald schon griff das Gerücht um sich, dass eine „grosse panislamische Revolte“ bevorstehe, allerdings blieb man im britischen Aussenministerium gelassen, wie die heute der Forschung zugänglichen Akten zeigen. In einem internen Schreiben vom 11. Oktober 1921 hiess es lapidar „We have no evidence of the existence of a plot for a great pan-Islamic revolt to take place simultaneously in all Moslem and semi-Mioslem countries“ und so wurde vermutet, dass diese Gerüchte nur ein Echo der bolschewistischen Propaganda seien.
Berlin wurde von London dennoch mit Misstrauen beobachtet, entwickelte es sich doch zu einer Hochburg antibritischer Organisationen. Auch der französische Konsul im albanischen Shkodra wusste zu berichten, dass das in Berlin ansässige Comité des Musulmans Unifiés über eine Organisation namens La Voix du Croissant einen Kongress in Albanien organisierte, zu dem auch nordafrikanische Delegierte eingeladen waren. Die Anreise erfolgte über Alexandria. Das Comité koordinierte den Widerstands gegen die britische Präsenz in Ägypten und erhielt seine Befehle aus Berlin.
Deutschland hatte es schon früh auf die britische Präsenz in Ägypten abgesehen. So träumte man davon, 70.000 arabische Nomaden zur Unterstützung für die Osmanen zu senden, sobald die Briten den Suzekanal überqueren würden. Dazu versuchte man, religiöse Gefühle nutzbar zu machen. Besonders grotesk mutet die Mission des österreichischen Orientalisten und katholischen Priesters Alois Musil an, der ebenfalls im deutschen Auftrag nach Arabien reiste, um Muslime für den Dschihad zu begeistern.
Musil musste jedoch ernüchtert feststellen, dass die arabischen Stämme sich weder für den heiligen Krieg noch für eine panislamische Idee begeistern konnten.