Israel zum 72.

Uralte Sehnsucht nach Zion – Israel wird zweiundsiebzig und noch immer wird es in Europa wenig verstanden

Die Vorgeschichte des jüdischen Staates im 19. und 20. Jahrhundert wird meist so erzählt: Jüdische Siedler, die vor Pogromen in Osteuropa nach Palästina ausgewandert waren, besiedelten das Land in der Absicht, den jüdischen Staat der Antike wiederaufleben zu lassen. Die Inspiration dazu bezogen sie von einem Wiener Journalisten namens Theodor Herzl, dem Begründer des politischen Zionismus. Dabei bedienten sie sich der Hilfe der Briten und nahmen keine Rücksicht auf die lokale arabische Bevölkerung, die sie an den Rand drängten und damit einen Konflikt schufen, der bis heute andauert.

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Sie wollen doch nur Israel kritisieren!

Kritik an Israel sei kein Antisemitismus per se und manches Verhalten von israelischer Seite lade zur Verurteilung ein, schrieb einmal der Historiker Walter Laqueur, der zugleich daran daran erinnerte, dass Israel nicht an Holland oder die Schweiz grenze, sein Überleben in einer feindseligen Umgebung daher nicht möglich sei, ohne sich «an die örtlichen Gepflogenheiten» zu halten. Damit ist eine Trennlinie zwischen legitimer Kritik an der israelischen Politik und einem Antisemitismus, der sich vorgeblich gegen Israel richtet, angedeutet.

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Führende Experten gegen Israel

Wenn es um Fussball oder den Nahen Osten geht, wimmelt Deutschland von Experten. Eine Gruppe von sechzehn Akademikern mit Doktortitel, denen die Redaktion der «Zeit» ehrfurchtsvoll attribuiert, «führende Experten für die Region» zu sein (damit auch ein wenig akademischer Glanz auf das eigene Haus fällt), hat nun in einer Stellungnahme Bedenken gegen die Verurteilung der BDS-Bewegung durch den Bundestag geäussert – so verdruckst, wie nur führende Experten das können.

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Das kleine Einmaleins des Nahostkonflikts (2)

Die Ausstellung «1948» hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Staates Israel vom Ideologischen Geröll zu befreien und als legitimen Nationalstaat in der Region zu betrachten. [^1] Natürlich ist der Vorwurf der Ideologie universell verwendbar. Aber er trifft dort zu recht, wo selbst einfachste Zusammenhänge, das kleine Einmaleins des Nahostkonflikts, missachtet werden.

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Das kleine Einmaleins des Nahostkonflikts (1)

Der «Israel-Arab Reader» von Laqueur und Rubin hat über sechshundert Seiten Umfang. Man muss ihn nicht gelesen haben, um den Nahostkonflikt zu begreifen, aber wer meint, sich unbedingt zu diesem Thema äussern zu müssen, sollte es sich nicht zu leicht machen und vielleicht doch etwas tiefer in die Materie eintauchen. Schaut man sich jedoch um, was aktuell die Israel-Kritiker-Szene so umtreibt, stellt man fest, dass selbst die Grundlagen, das Einmaleins des Konflikts unverstanden geblieben sind.

So durfte unlängst an der Ludwig-Maximilians-Universität München ein Andreas Zumach seine ganze Unwissenheit über den Nahostkonflikt zur Schau stellen, was nur deshalb einer Erwähnung wert ist, weil dies symptomatisch für den Zustand einer Bewegung nicht zuletzt an deutschen Universitäten ist, die glaubt, man müsse Israel auf diplomatischem und ökonomischem Wege in die Knie zwingen, um einen friedfertigen und gerechten Nahen Osten zu schaffen.

Zumach glaubt etwa (ab ca. 1:24), dass ein Staat nicht zugleich jüdisch und demokratisch sein könne. In Anlehnung an Noam Chomsky versteht er «jüdisch» in Analogie zu «christlich» oder «muslimisch», also als Adjektiv, das eine religiöse Qualität bezeichnet. Diese falsche Annahme führt Zumach dann zu dem nicht minder falschen Vergleich Israels mit dem iranischen Ajatollah-Regime, das einen islamischen Staat reklamiere.

Einmal abgesehen davon, dass das iranische Regime sich zwar tatsächlich als islamischer Staat begreift, nicht aber als Demokratie, was schon jeden Vergleich mit Israel zunichte macht, gibt es hier noch einen Unterschied auf ganz anderer Ebene. Denn «jüdischer Staat» meint keinen religiösen Staat, sondern bezieht sich auf das Staatsvolk, das dem Staat seine Legitimation verschafft.

Im Klartext: Israel ist ein Nationalstaat. Jeder Nationalstaat wurde um einer Nation willen gegründet. Das Adjektiv «jüdisch» ist hier also in Analogie zu deutsch, tschechisch, schwedisch, dänisch, griechisch, thailändisch, brasilianisch etc. zu verstehen. Traditionell versteht sich das Judentum als Volk und wer zur jüdischen Orthodoxie konvertieren will, von dem wird erwartet, dass er sich dem Volk Israel anschliesst, nicht einfach nur einer Glaubensgemeinschaft. Alles andere ist ein christliches Missverständnis.

Natürlich gibt es so etwas wie die Vorstellung vom «deutschen Staatsbürger jüdischen Glaubens», doch ist dies eine Erscheinung, die es erst seit dem 19. Jahrhundert gibt. Eine solche Reduktion auf eine Glaubensgemeinschaft war dem Judentum bis dahin fremd. Das hebräische Wort für Religion (dat) ist bezeichnenderweise ein Lehnwort aus dem Persischen, der hebräische Begriff für „Judentum“ (yahadut) eine Lehnübersetzung aus dem Griechischen, der in hebräischen Texten nicht vor dem 11. Jahrhundert auftaucht.

Natürlich hat jeder Jude das Recht, sein Judentum für sich zu definieren. Hier bleibt nur festzuhalten, dass der Zionismus, wie andere Nationalbewegungen auch, darauf abzielte, einen Nationalstaat zu schaffen, dessen Nominalvolk das jüdische ist. Wie andere Nationalstaaten steht aber auch der Staat Israel vor dem Problem, autochthone Minderheiten zu loyalen Staatsbürgern zu machen. In Deutschland sind es die Dänen und Sorben, die keine ethnischen Deutschen, dennoch deutsche Staatsangehörige sind, die aber auch nicht durch Selbstmordanschläge von sich reden machen.

Das alles muss man Leuten wie Zumach erklären. Sie halten Vorträge, schreiben Aufsätze und nehmen an Podiumsdiskussionen teil, geben Interviews und engagieren sich in irgendwelchen Palästina-Solidaritätskomitees – aber die grundlegenden, die allerelementarsten Fakten über Israel und den Nahostkonflikt kennen sie nicht. Dass Leute wie Zumach sich an deutschen Universitäten ausbreiten können, sagt daher auch etwas über deren Zustand aus.

In diesem Zusammenhang hört man häufig den Begriff «Ethnokratie», der immer darauf hinausläuft, Israel mit dem Südafrika zu Zeiten der Apartheid zu vergleichen. Das ist ein grundfalscher Vergleich. Meint Ethnokratie die Entrechtung einer Ethnie durch eine andere, so trifft dies auf Israel nicht zu, denn die arabische Minderheit geniesst dort die gleichen Bürgerrechte wie die jüdische Mehrheit. Das war in Südafrika zu Zeiten der Apartheid anders, wo Schwarze eben nicht die gleichen Rechte wie Weisse besassen.

Meint Ethnokratie hingegen, dass der Staat um einer bestimmten Nation oder Ethnie willen geschaffen wurde, dann sind alle Nationalstaaten Ethnokratien. Es ist also ein unsinniger Begriff, der einzig dem Zweck dient, Fakten zu verschleiern und falsche Analogien herstellen zu können, die Israel delegitimieren sollen. Das ist typisch für «Israelkritiker», die aber keinesfalls des Antisemitismus bezichtigt werden wollen.

Auch was das Thema Besetzung betrifft, beweist Zumach seine völlige Unkenntnis des Nahen Ostens. Er redet gerade so, als lebte er noch in den frühen 1990ern. Zur Erinnerung: Israel hält die Westbank zwar immer noch besetzt, doch leben geschätzte 99 Prozent der Palästinenser in Gebieten, die palästinensisch verwaltet werden. Israel hat diese Situation herbeigeführt, damit die Palästinenser einen Proto-Staat aufbauen und ihre Eignung zur Koexistenz beweisen können.

Des weiteren hat sich Israel im Jahre 2000 in einer einzigen Nacht vollständig aus dem Südlibanon zurückgezogen und im Jahre 2005 die jüdische Präsenz im Gazastreifen vollständig beendet. In beiden Fällen haben militante Kräfte dies für sich ausgenutzt, eine Friedensdividende hat Israel nie erhalten. Man nehme es bitte zur Kenntnis: Die Machtübernahme durch die Hamas im Gazastreifen ist Ergebnis des Rückzugs, nicht der Besetzung Israels.

Was also sollte Israel (und den Rest der Welt) veranlassen zu glauben, dass ein Rückzug aus der Westbank etwas anderes hervorbringt als noch mehr Fanatismus?

Natürlich sollen die Palästinenser ihren Staat bekommen, aber es gibt keinen Grund, dass dies um jeden Preis geschieht. Die palästinensische Selbstverwaltung krankt an repressiven und korrupten Strukturen, wie sie auch aus anderen arabischen Ländern bekannt sind, während ihr Präsident sich eines Doppelsprechs bedient, der die arabischen Massen aufheizt und den Westen beschwichtigt. Aktuell bekundet Abbas seine Bereitschaft, mit Israel über einen eigenen Staat zu verhandeln. Doch wie glaubhaft das ist und wie glaubhaft die Bereitschaft der israelischen Seite, Verhandlungen einzugehen, wird sich erst noch zeigen.

Israel-Kritiker vom Schlage eines Andreas Zumach wird es aber wohl kaum interessieren. Sie plappern und schwatzen völlig unbekümmert von den israelischen Erfahrungen mit einem Rückzug aus besetzten Gebieten und interessieren sich nicht die Bohne für die einfachsten Grundtatsachen des Nahostkonflikts. Das Judentum halten sie für eine blosse Glaubensgemeinschaft, Israel setzen sie in Analogie zu Iran und es würde nicht wundern, wenn sie Falafel für einen biblischen Propheten hielten.

Siebzig Jahre Israel

Israel wird siebzig und noch immer wird es hierzulande wenig verstanden. Es ist daher an der Zeit, mit einigen Mythen aufzuräumen.

Die Vorgeschichte des jüdischen Staates im 19. und 20. Jahrhundert wird meist so erzählt: Jüdische Siedler, die vor Pogromen in Osteuropa nach Palästina ausgewandert waren, besiedelten das Land in der Absicht, den jüdischen Staat der Antike wiederaufleben zu lassen. Die Inspiration dazu bezogen sie von einem Wiener Journalisten namens Theodor Herzl, dem Begründer des politischen Zionismus. Dabei bedienten sie sich der Hilfe der Briten und nahmen keine Rücksicht auf die lokale arabische Bevölkerung, die sie an den Rand drängten und damit einen Konflikt schufen, der bis heute andauert.

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Jerusalem und die selbstverschuldete Unmündigkeit

Der amerikanische Präsident Donald Trump will die Botschaft seines Landes von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen – genauer: in den Westen der Stadt – und wieder steht ein Teil der islamischen Welt Kopf. Die Reaktionen einzelner Empörter grenzen regelrecht an Hysterie, was nicht zuletzt für den türkischen Präsidenten Erdogan und seine Anhängerschaft auch in Deutschland gilt. Hierzulande erheben sich vor Unruhen in der islamischen Welt warnende Stimmen – und behalten recht.

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