Auf die Wissenschaft zu hören ist ein wohlfeiler Rat, den Zeitgenossen gerne im Zusammenhang mit den Corona-Massnahmen erteilen, wie sie Mediziner empfehlen, wobei ich hier gar nicht in Abrede stellen will, dass gegen Corona etwas getan werden muss und jedem, der es noch nicht getan hat, nur eindringlich dazu aufrufen kann, sich impfen zu lassen, was freilich – dies nur am Rande – bei manchen Bevölkerungsschichten aussichtslos zu sein scheint, schaut man sich einmal an, was dieser Tage an Infantilitäten durch das Netz geistert, dass man sich nur an den Kopf fassen kann.
Immerhin wissen wir jetzt, dass die Bewegung der selbsternannten „Querdenker“ und damit der Totalverweigerer politischer Massnahmen gegen die Pandemie zum Schutze einer Ãœberlastung des Gesundheitssystems, „teilweise eher von links kommt, sich aber nach rechts bewegt“, womit sich einmal mehr zeigt, dass die Hufeisentheorie, derzufolge die politischen Extreme auf ein gemeinsames Ziel hin konvergieren, durchaus plausibel ist.
Jedenfalls möchte man dem vernünftigen Teil der deutschen Bevölkerung, also den zwei Dritteln, die noch der Medizin vertrauen und nicht in Esoterik abgedriftet sind, zurufen, dass sie doch bitteschön genauso auf die Wissenschaft hören mögen, wenn es um ökonomische Fragestellungen geht, wenngleich hier der Konsens ungleich geringer sein mag. Wenn jedoch Deutschlands wohl bekanntester Ökonom Hans-Werner Sinn Alarm schlägt und vor einer „sich selbst verstärkenden Inflationsspirale“ warnt, dann sollte man zumindest zuhören und hinlesen.
Immerhin steht nicht weniger auf dem Spiel als die Stabilität des Euro-Raumes und die Frage, wozu man Verträge wie den Maastrichter Vertrag überhaupt schliesst, wenn Staaten missachten, wozu sie sich verpflichtet haben. Denn eine neue EU dämmert am Horizont herauf, die mit der alten nur noch den Namen gemein hat, indem sie Umverteilung und Enteignung anstelle von Wettbewerb und Wohlstand setzt. Gegen das Virus des Etatismus aber gibt es keinen Wirkstoff, sondern hilft nur die Vernunft.
Nachtrag 30. Januar 2022
Journalistenlegende Jean Pütz, ausgebildeter Elektrotechniker und Physiker, rechnet scharf mit der deutschen Energiewende ab, die sich nicht auf die Wissenschaft berufen könne: „Wenn unsere repräsentative Demokratie Bestand haben soll, muss sich da etwas ändern, denn nur Technik und Naturwissenschaft kann den Weg aus der Klimakrise ebnen.„
Nachtrag 21. August 2022
Im Interview mit der „Berliner Zeitung“ erklärt Sinn, warum eine Deckelung des Gaspreises nicht sinnvoll ist und was die Inflation stoppen würde: „Eine Erhöhung der Zinsen im Euroraum würde die Kapitalflucht nach Amerika bremsen, die seit dem letzten Jahr stattfand. Der Euro würde sofort aufwerten, und sämtliche Preise der aus dem Nicht-Euroraum importierten Güter, auch der Energie, würden fallen.“