Wie ersponnen, so zerronnen

Der israelische Historiker Shlomo Sand hat sich zum Ziel gesetzt, die historischen Voraussetzungen des Zionismus gründlich zu zertrümmern – so gründlich, dass er selbst das jüdische Volk als eine Erfindung zu entlarven versucht, um damit dessen Anspruch auf Palästina zu delegitimieren. Nun bewirbt die Presseabteilung des Berliner Ullstein-Verlages Sands neues Buch wie folgt:

Es gäbe [sic!] kein historisches Anrecht der Juden auf das Heilige Land der Bibel, so Sand. Diese Idee sei ein Erbe des Nationalismus des 19. Jahrhunderts, aufgegriffen von den europäischen Zionisten jener Zeit.

[…] Entgegen der israelischen Unabhängigkeitserklärung und heutiger Regierungspropaganda habe es nie ein Streben des Judentums nach Rückkehr in das »Land der Väter« gegeben.

Man beachte den letzten Satz: es habe “nie ein Streben des Judentums nach Rückkehr in das ‘Land der Väter’ gegeben.” Wer eine solche These vertritt, sollte sich vielleicht besser nicht als Historiker bezeichnen. Denn bereits Mitte des 16. Jahrhunderts berichtet der Reisende Hans Dernschwam, dass es in Alexandria, Kairo, Aleppo, Antiochia, Damaskus und Jerusalem, wo es überall einen hohen Anteil an jüdischer Bevölkerung gab, unter älteren Juden – sofern sie über genügend finanzielle Reserven verfügten – üblich war, nach Palästina auszuwandern, und zwar in der Hoffnung, „das sy von allen landen in ir landt wider zusamen werden khommen vnd ein regiment vberkhommen.‟ ((Quelle: Hans Dernschwam’s Tagebuch einer Reise nach Konstantinopel und Kleinasien (1553/55), nach der Urschrift Im Fugger-Archiv hg. und erläutert von Franz Babinger (München 1923), 107.))

Davon abgesehen: Andere Nachfolgestaaten des Osmanischen Reiches böten weitaus mehr Angriffsfläche für eine Dekonstruktion ihrer Nationalgeschichte. Der Begriff „Syrien‟ (sūriyā) als Eigenbezeichnung für den nördlichen Nachbarn kam in der Neuzeit nicht vor 1841 wieder in Gebrauch und erst 1865 riefen die Osmanen eine gleichnamige Provinz ins Leben. Auf der anderen Seite des Mittelmeeres berufen sich die Griechen auf ihre antike Geschichte, was zwar nicht falsch ist, aber insofern eine Konstruktion darstellt, als in byzantinischer Zeit die Griechen bekanntlich keine Griechen mehr sein wollten, sondern Römer (was sich in spätbyzantinischer Zeit wieder änderte).

Noch mehr sind die Versuche libanesischer (maronitischer) Geschichtsschreiber, eine phönizische Abkunft der Libanesen nachzuweisen, reine Ideologie. Mindestens fragwürdig sind auch die Behauptungen von albanischer Seite, von den Illyrern abzustammen. Und wenn palästinensische Nationalisten die Herkunft ihres Volkes auf die Jebusiter zurückführen, so ist dies eine ahistorische Behauptung, die nur den jüdischen Anspruch auf Jerusalem delegitimieren soll. Demgegenüber ist ein jüdisches Kontinuum, das bis in die Antike zurückreicht und immer einen Bezug zu Jerusalem hatte, sehr viel besser zu belegen.

[Aus dem Archiv]

 

Ein Hoch auf den Klimawandel!

Von Jonathan Kriener (Gastautor)

Offenbar gibt es im Sinai und um den Nassersee vermehrte Feuchtigkeit. Die dortigen Wasserläufe sind in den letzten vier Jahren signifikant angeschwollen und über dem Nassersee hat der Dunst zugenommen. Das sind Ergebnisse aus Berechnungen und Berichten des IPCC, die in diesen Tagen auf einer Konferenz in Amman von Experten für Klimawandel vorgestellt wurden. ((Quelle: Al-Watan, Kairo, 5. Oktober 2012, 6.))

Prof. Jamal Alibo, internationaler Klimaexperte und Bewässerungsfachmann an der Hasaniyye-Universität in Casablanca hält es für unzweifelhaft, dass das Klima in Ägypten und womöglich weit darüber hinaus bis in die arabische Halbinsel und die Sahara in den nächsten Jahren deutlich regnerischer und fruchtbarer wird. Möglicherweise wird man dort sogar Landwirtschaft betreiben können.

Alibo forderte die Nilanrainerstaaten auf, hinsichtlich des Baus von Staudämmen eng miteinander zu kooperieren und eher kleine Dämme zu bauen. Der französische Klimaexperte Dr. Estefan Simon empfahl gleichfalls den gesamten arabischen Staaten Nordafrikas und der Levante, kleine Staudämme zu bauen, um das vermehrte Wasser aufzufangen und damit Dürreperioden zu überbrücken. Der ägyptischen Regierung riet er dasselbe für den Sinai.

Die verbreitete Angst vor den negativen Folgen des Klimawandels ist eben zunächst einmal eine Angst, d. h. eine negative Erwartung, eine normale menschliche Reaktion auf Veränderung. Dass Veränderung auch positive Folgen haben kann, gerät dabei leicht aus dem Blick. Wenn aber der ganze Rummel von Konferenzen und Programmen dazu führt, dass man auch für die positiven Folgen Vorkehrungen trifft und Hysterie abbaut, hat er vielleicht doch sein Gutes.

[Aus dem Archiv.]

Gebühren versenkt

Unser Lieblingssender Arte hat etwas ganz Unerhörtes im Programm. Aus einer Ankündigung:

Der Neo-Liberalismus in der Wirtschaftspolitik hat im Verlauf der letzten 30 Jahre die Banken immer mächtiger werden lassen. Profit hat oberste Priorität, statt Investitionen bestimmen Spekulationen die Geschäfte. Dabei gerät die Politik immer mehr unter den Einfluss omnipräsenter Finanzmanager. Wird die gegenwärtige Finanzkrise daran etwas ändern?

Zumindest an der Wahrnehmung von Wirtschaft wird sich nichts ändern. Denn der Neo-Etatismus in der Rundfunkpolitik hat im Verlauf der letzten 30 Jahre die öffentlich-rechtlichen Sender immer einseitiger werden lassen. Staatliche Alimentierung hat oberste Priorität, statt Vielfalt bestimmt Ideologie die Geschäfte. Dabei geraten die Inhalte immer mehr unter den Einfluss omnipräsenter Wichtigtuer – weswegen sich auch die gegenwärtige Bildungskrise nur verschärfen wird.

[Aus dem Archiv.]

Zu früh gefreut?

Als ich von dem Buch “Wir neuen Deutschen” hörte, war ich sofort begeistert. Endlich einmal Menschen migrantischer Herkunft, die – ohne diese zu verleugnen – sich offensiv zu Deutschland als ihrer Heimat bekennen. Die Deutschland trotz seiner Fehler als Chance begreifen, zumindest als Herausforderung. Die für sich in Deutschland mehr Vorteile als Nachteile sehen.

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Gebühren versenkt

Der Neo-Liberalismus in der Wirtschaftspolitik hat im Verlauf der letzten 30 Jahre die Banken immer mächtiger werden lassen. Profit hat oberste Priorität, statt Investitionen bestimmen Spekulationen die Geschäfte. Dabei gerät die Politik immer mehr unter den Einfluss omnipräsenter Finanzmanager. Wird die gegenwärtige Finanzkrise daran etwas ändern?

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Freiheit, ja aber

Meinungsfreiheit und Freiheit der Satire sind ja schön und gut, aber:

Für den Nahostexperten Michael Lüders ist das Argument „die Satire dürfe alles“ nur vordergründig. In erster Linie gehe es bei diesen Karikaturen um Profilierung und Auflagensteigerung.

berichtet die “Taz”. Denn Meinungsfreiheit soll nur dort gelten, wo hehre Motive im Spiel sind?

Siehe auch:

[Aus dem Archiv.]

Die Seifenblasen des Wachstumskritikers

Im Jahre 2050, so erträumt es sich der Sozialpsychologe Harald Welzer, werde es keinen Kapitalismus mehr geben, denn der habe sich mit seinen umfänglichen Privatisierungen als historisch “grösster Fehler” herausgestellt, “den man überhaupt begangen hat in der Moderne.” In Welzers Utopie werden weite Bereiche lokalwirtschaftlich mit lokalen Währungen organisiert sein. Wettbewerb und Wachstum gehören der Vergangenheit an.

Die entscheidende Frage, die Welzer allerdings nicht stellt, lautet: Soll diese Gesellschaftsordnung mit oder ohne Zwang erreicht und aufrechterhalten werden? Denn ist sie das Resultat von Freiwilligkeit und Eigeninitiative, dann unterscheidet sie sich nicht wesentlich von der heutigen Gesellschaftsordnung, wie sie in den westlichen Ländern vorherrscht, deren Haupteigenschaften Freiheit und Pluralismus sind. Eine bestimmte Form des Wirtschaftens ist hier nicht vorgeschrieben, solange sie nicht auf eine Diktatur hinausläuft. Will Welzer hingegen die von ihm präferierte Wirtschaftsordnung von oben verordnen lassen, dann ist er nolens volens Verfechter einer kommunistischen Diktatur.

Welzers Mangel an Logik zeigt sich auch in seiner Forderung nach einer Wirtschaft ohne Wachstum. Seine Beispiele für eine solche Wirtschaftsordnung beweisen in Wahrheit nämlich nur eines: Welzer ist sehr wohl für Wachstum, nur eben auf anderen Gebieten als denjenigen, auf denen heute gewirtschaftet wird. Im wesentlichen handelt es sich bei den Beispielen, die er nennt, durchweg um Dienstleistungen zur verbesserten Effizienz in der Ressourcenverwertung, sprich: zur Stärkung der Nachhaltigkeit. Auch das ist nichts, was zur heutigen Wirtschaftsordnung in irgendeiner Weise im Widerspruch stünde – es sei denn, ein staatlicher Zwang sorgte für die Begrenzung wirtschaftlicher Tätigkeit auf diesen Sektor. Dann wären wir wieder bei der kommunistischen Diktatur gelandet.

Man kann es daher drehen und wenden wie man will: Entweder ist Welzer ein Apologet der herrschenden Gesellschaftsordnung (und weiss es nicht), oder er ist Befürworter einer DDR 2.0 (und weiss es ebenfalls nicht). Zwischen Freiheit und Unfreiheit gibt es jedenfalls kein Drittes. Der Traum des Wachstumskritikers entpuppt sich als Seifenblase, die an der Freiheitsfrage zerplatzt.

[Aus dem Archiv.]

Überraschung

Damit hätten wir nun wirklich nicht gerechnet:

Teure Energie hat die Verbraucherpreise in der Euro-Zone im September überraschend in die Höhe getrieben.

Weil aber die Erzwingung der Energiewende ein Lieblingskind der Politik ist, wird sich daran auch nichts ändern. Die nächsten Kollateralschäden dieser Idiotie dräuen schon am Horizont – s. hier und hier.

[Aus dem Archiv.]

Gefangen im Labyrinth

Fremde Mächte, die mittels versteckter Maschinen kontrolliert Waldbrände auslösen – wer solchen Gerüchten Glauben schenkt, lässt sich auch sonst jeden Bären aufbinden. Schlimm nur, wenn ein erheblicher Teil der Bevölkerung solchen Wahnvorstellungen anhängt; noch schlimmer, wenn auch die Regierung davon befallen ist. Aus einer recht lesenswerten Analyse des Deutschlandbildes im gegenwärtigen Griechenland:

Als im August 2007 Waldbrände in Griechenland wüteten, schob der Minister für öffentliche Ordnung, Viron Polidoras, das Versagen seiner Regierung […] den “allgemeinen Windverhältnissen” zu. Ausgerechnet zu dieser Zeit, so argumentierte er, habe der Wind seine Richtung geändert und dadurch die Arbeit der Feuerwehr behindert. […]

Da sie Routine darin haben, Sündenböcke zu finden, ist es keine Überraschung, dass griechische Politiker seit dem Oktober 2009 eine ähnliche Kommunikationsstrategie angewendet haben.

[…] Die emotional aufgeladene Botschaft, die Griechenlands politische Eliten aussenden: Die Hellenische Republik wird von einem Land mit einer furchtbaren und unverzeihlichen Vergangenheit in einer Art Labyrinth gefangen gehalten.

Gemeint ist natürlich der ökonomische Riese im Norden: Einer in diesem Jahr durchgeführten Meinungsumfrage zufolge sollen 79 Prozent der befragten Griechen eine negative Einstellung gegenüber Deutschland hegen. (Die Analyse gibt es zum Download hier.)

[Aus dem Archiv.]

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