Schon längst kein Modell mehr

Vor einiger Zeit hat das amerikanische PewResearchCenter in einer Umfrage zutage gefördert, dass 72% der Indonesier einer Durchsetzung der Scharia positiv gegenüberstehen. Kein Grund zur Besorgnis sei das, meint man auf Qantara.de, verstehe man in Indonesien doch ganz unterschiedliche Dinge unter dem Begriff Scharia, der doch nur “Weg” oder “Pfad” bedeute, ähnlich dem tao im Chinesischen.

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Starkes Pferd statt lahmer Gaul

Von Journalisten verfasste Bücher über den Nahen Osten basieren üblicherweise auf persönlichen Begegnungen und Eindrücken, die dann  mit historischem Hintergrundwissen angereichert werden. Nicht so das Buch „The Strong Horse“ des amerikanischen Journalisten Lee Smith, der sich das ehrgeizige Ziel vorgenommen hat, den kulturellen Ursachen der eruptiven Gewalt, von der die Arabische Welt geprägt ist, auf den Grund zu gehen, um so weit mehr als eine Momentaufnahme der Arabischen Welt zu geben.

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Syrien nach Assad (3)

Dass diese Zustände kein Alleinstellungsmerkmal der arabischsprachigen Welt sind, zeigen die Memoiren des iranischen Klerikers Scheich Ebrahim Zanjani, der von ganz ähnlichen Missständen im Iran zu Beginn des 20. Jahrhunderts berichtet. In jedem Falle gilt: Angesichts einer Staatsmacht, die für nichts als Repression und Korruption steht, während der einzelne Bürger eine Gegenleistung bekäme, wird niemals auf Loyalität der Bevölkerung zählen können.

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Nahosterklärer wider die “Medienmeute”

Vielleicht die FAZ? Nein, dort werden die syrischen Anti-Assad-Kräfte als “Rebellen” oder “Aufständische” bezeichnet. Als “Freiheitskämpfer” jedenfalls nicht oder nur in Anführungszeichen. Oder der amerikanische Sender CNN? Nein, dort spricht man von “freedom fighters” meist in Anführungsstrichen. Grundsätzlich bevorzugt man auch hier die Ausdrücke “rebels” oder “insurgents“.

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Syrien nach Assad (2)

Häufig macht sich eine gewisse Hilflosigkeit breit, wenn es um die Ursachen von Gewalt geht, wie derzeit in Syrien zu beobachten. Viele Kommentatoren wissen sich dann keinen anderen Rat, als die Misere auf ein verunglücktes nation building, verschuldet durch koloniale Willkür, zurückzuführen. Eine ethnisch wie konfessionell heterogene Menschenmasse, so das gängige Narrativ (hier eines von vielen Beispielen), sei in einem von fremden Mächten und aus eigennütizgen Gründen zusammengezimmerten Staatsgebilde zusammengepfercht worden, dessen Fliehkräfte nur durch die eiserne Faust eines Diktators in Schach gehalten werden.

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Michael Kreutz: Das Ende des levantinischen Zeitalters

Kreutz_DEdlZ 2013Es ist wieder einmal soweit: Hiermit beehre ich mich, die Publikation eines weiteren Buches anzukündigen. Es heisst “Das Ende des levantinischen Zeitalters” und handelt von der Nationswerdung der zum Osmanischen Reich gehörenden Völker in einem gemeinsamen Kontext.

Bislang waren es nur wenige Versuche einer Geschichtsschreibung in dieser Richtung unternommen worden, üblicherweise werden die Nationen Südosteuropas vornehmlich im Kontext der europäischen Geschichte studiert, die westasiatischen Länder und Ägypten im islamischen Kontext.

Dass es auch anders geht, will dieses Buch zeigen. Es ist aufschlussreich, die Regionen des Östlichen Mittelmeeres vor dem Hintergrund der gemeinsamen osmanischen Geschichte in Augenschein zu nehmen, so die zentrale These. Viele Dinge erscheinen so in einem neuen Licht und das gilt auch für Erscheinungen der Gegenwart.

Denn auch wenn nicht alles, was in der Gegenwart sich abspielt, mit der Geschichte erklärt werden kann, so immerhin doch vieles. Der Schlüssel zum tieferen Verständnis mancher Entwicklungen des Nahen Ostens und Südosteuropa liegt denn auch im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Davon handelt dieses Buch.

[pullquote]Kaufleute und Missionare, Gouverneure und Generäle, Poeten und Visionäre – und das Abenteuer einer Epoche. Vom Zerfall eines Reiches und der Wandlung einer Weltregion am Schnittpunkt von Zivilisationen und Religionen. (Umschlagtext)[/pullquote]

Quellen und Forschungsliteratur waren in solcher Überfülle vorhanden, doch habe mich auf das Wesentliche beschränkt. Um der Lesbarkeit willen wurde vieles gestrafft. Die Thematik ist komplex, das Buch dennoch mit dem Anspruch auf Leichtverständlichkeit geschrieben.

Neben Primärtexten hauptsächlich arabischer und neugriechischer Provenienz, haben viele Quellen in westlichen Sprachen Eingang in das Buch gefunden, darunter bislang unveröffentlichte Archivmaterialien. Allein in London habe ich zu diesem Zweck tausende von Dokumenten durchgesiebt. Viele Ereignisse, von denen die Quellen erzählen, stehen im Zusammenhang mit Akteuren, die in der Literatur bislang übergangen wurden.

Erzählt wird u.a. die Geschichte des letzten Khediven Ägyptens, der vergeblich seine Macht zurückzuerobern suchte, während ihm die europäischen Geheimdienste auf den Fersen waren. Oder die Geschichte des britischen Kolonialbeamten James H. Skene, der im syrischen Aleppo eine Gerichtsbarkeit nach westlichem Muster einzurichten sich bemühte – und grandios scheiterte.

Weitere Themen, die behandelt werden, sind die Diskussion um die Zukunft der Hagia Sophia; die Frage, inwieweit Israel zu Recht seinen Platz im Nahen Osten behauptet; der Kampf um Kleinasien; das Verhältnis von Staat und Religion in den Nachfolgestaaten des Osmanischen Reiches; die Instrumentalisierung von Geschichte und vieles mehr.

Zu den Herausforderungen, denen ich mich gestellt habe, gehört nicht nur, die Geschichte der Länder dreier Kontinente miteinander zu verweben, sondern auch, real- mit kultur- und ideengeschichtlichen Aspekten zu verknüpfen. Und das, ohne allzu viele Brüche in Kauf zu nehmen. Inwieweit ich diesem Anspruch gerecht geworden bin, möge der geneigte Leser selbst beurteilen.

Als echtes Rundum-Kunstwerk ist auch dieses Mal der Umschlag von mir selbst gestaltet worden (mit einem Bild, das sonst niemand hat). Dass der Leserschaft die eine oder andere neue Einsicht beschert werde, ist meine stille Hoffnung. Vielleicht wird sie auch ein wenig von der Freude angesteckt, die seinem Verfasser das Anfertigen des Buches bereitet hat.

Michael Kreutz: Das Ende des levantinischen Zeitalters. Europa und die Östliche Mittelmeerwelt, 1821-1939. Hamburg: Kovač, 2013. 434 Seiten, € 118,80. (Link)

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